Erbschaftssteuer Adoption
Erbschafts- und Schenkungssteuer sparen durch Adoption?
Eine Adoption vollzieht sich zunächst auf zivilrechtlicher Ebene vor einem Familiengericht. Dabei ist die Adoption von Minderjährigen zu unterscheiden von der Erwachsenenadoption. Nach erfolgter Adoption stellt sich die Frage, welche erbschafts-/schenkungssteuerlichen Auswirkungen mit der Adoption einhergehen. Im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht gelten personenbezogene Freibeträge, bis zu deren Höhe keine Erbschafts- oder Schenkungssteuer anfällt. Vereinfacht gesagt, gilt hier der Grundsatz: Je näher die Verwandtschaft zum Erblasser/Schenker ist, desto höher ist Ihr persönlicher Freibetrag. So haben Sie als Ehefrau oder Kind des Erblassers/Schenkers Anspruch auf Freibeträge in der Höhe von 500.000 € bzw. 400.000 € – dagegen stehen Ihnen beispielsweise als Neffe oder Nichte wie einer Person ohne Verwandtschaftsverhältnis nur 20.000 € zu, überdies unterliegen Sie höheren Steuersätzen und können bestimmte weitere Steuerbefreiungen nicht in Anspruch nehmen.
Zivilrechtliche Auswirkungen einer Adoption
Eine Adoption vollzieht sich zunächst auf zivilrechtlicher Ebene vor einem Familiengericht. Dabei ist die Adoption von Minderjährigen zu unterscheiden von der Erwachsenenadoption.
Adoption Minderjähriger
Voraussetzung für die Adoption einer minderjährigen Person ist, dass die Adoption dem Wohle des Kindes dient und wahrscheinlich ist, dass zwischen der annehmenden Person und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht. Die Adoption Minderjähriger hat zur Konsequenz, dass bisherige Verwandtschaftsverhältnisse mit ihren Rechten und Pflichten erlöschen.
Adoption Erwachsener
Die Annahme eines Volljährigen ist möglich, wenn dies sittlich gerechtfertigt ist. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden eine Art Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist oder davon auszugehen ist, dass es in der Zukunft entsteht. Prägend hierfür sind Verbundenheit, gegenseitiger Beistand, Pflege und kontinuierlicher Kontakt. Im Gegensatz zur Adoption Minderjähriger bleiben bisherige Verwandtschaftsverhältnisse bestehen.
Erb- und Schenkungssteuerliche Auswirkungen einer Adoption
Werden Sie durch den Erblasser/Schenker adoptiert, gelten Sie auch aus erb- und schenkungssteuerlicher Sicht als dessen Kind. Damit können Sie von dem persönlichen Freibetrag in der Höhe von 400.000 € sowie einem niedrigeren Steuersatz und weiteren Begünstigungen (z.B. Steuerbefreiung für Familienheim) profitieren. Da bei der Erwachsenen-Adoption das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern bestehen bleibt (Ausnahme: sog. starke Adoption), bleiben Ihnen diese Bedingungen auch gegenüber Ihren leiblichen Eltern erhalten. Und auch bei der Minderjährigen-Adoption ändert sich aufgrund von § 15 Abs. 1a ErbStG nichts an diesen Bedingungen zu den leiblichen Eltern.
Eine Adoption ist daher ein geeignetes Gestaltungsinstrument, um Erbschafts- oder Schenkungssteuer zu sparen.
Beispiel:
Tante T ist kinderlos und will ihre Immobilie (Wert: 300.000 €) an ihre erwachsene Nichte N übertragen. Als Nichte steht N ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 20.000 € zu. Nach Abzug dieses Betrages beträgt der Wert des schenkungssteuerlichen Erwerbs 280.000 €, dieser wird mit einem Steuersatz in Höhe von 20 % besteuert. Die festzusetzende Schenkungssteuer beträgt 56.000 €. Adoptiert T ihre Nichte vorab, steht N ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 400.000 € zu. Es fällt keine Schenkungssteuer an, da der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs 0 € beträgt. Die Freibeträge von N gegenüber ihren leiblichen Eltern in Höhe von jeweils 400.000 € bleiben N erhalten.
Zu beachten ist jedoch, dass innerhalb von zehn Jahren der steuerliche Freibetrag zwischen den Adoptiveltern und dem Adoptivkind in Höhe von 400.000 EUR in der Summe nur einmal ausgeschöpft werden kann. Um demnach mehrere Schenkungen über kleinere Beträge zu vermeiden, normiert § 14 ErbStG gewisse Regeln zur An- bzw. Zusammenrechnung mehrerer Schenkungen innerhalb eines 10-Jahres Zeitraums.
Eine praxisrelevante Fallgestaltung betrifft in diesem Zusammenhang die Frage, wie sich ein Steuerklassenwechsel infolge der Adoption auswirkt, wenn das Adoptivkind von den Adoptiveltern innerhalb der geltenden 10-Jahresfrist bereits eine Schenkung erhalten hat.
Dies soll an einem Beispiel (angelehnt an das Beispiel der Erbschaftsteuer-Richtlinie 2019 E 14.1 (3)) dargestellt werden:
Tante T schenkte ihrer Nichte N im Jahr 2015 150.000 EUR. Nach der Adoption im Jahr 2021 schenkt sie ihr weitere 800.000 EUR.
- Erwerb im Jahr 2015
Als Nichte steht N im Jahr 2015 ein persönlicher Freibetrag in Höhe von 20.000 € zu. Nach Abzug dieses Betrages beträgt der Wert des schenkungssteuerlichen Erwerbs 130.000 €, dieser wird mit einem Steuersatz in Höhe von 20 % besteuert. Die festzusetzende Schenkungssteuer beträgt 26.000 €.
- Erwerb im Jahr 2021
Bei dem Erwerb im Jahr 2021 erfolgt nun eine Addition der Summe der erhaltenen Schenkungen innerhalb der 10-Jahresfrist gemäß § 14 ErbStG, d.h. es ist von einem Gesamterwerb seitens N in Höhe von 950.000 EUR auszugehen (150.000 EUR Erwerb 2015 + 800.000 EUR Erwerb 2021).
Von diesem Gesamterwerb ist der zu diesem Zeitpunkt (2021) geltende persönliche Freibetrag abzuziehen. Dieser beträgt auf Grund der Adoption 400.000 EUR.
Damit liegt ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 550.00 EUR vor. Der Steuersatz beträgt infolge des Steuerklassenwechsels 15%. Die festzusetzende Schenkungssteuer beträgt demnach 82.500 EUR.
- Anwendung des § 14 ErbStG
Auf diesen Betrag wird nun eine fiktive Abzugssteuer 2021 auf den Vorerwerb 2015 angerechnet. Dies erfolgt dergestalt, dass von den 150.000 EUR aus 2015 der Freibetrag, der höchstens beim Erwerb 2015 verbrauchte Freibetrag der Steuerklasse II (20.000 EUR) abzuziehen ist. Damit ergibt sich für 2015 ein steuerpflichtiger Erwerb von 130.000 EUR. Die dafür anzusetzende Steuer wird fiktiv mit dem Steuersatz berechnet, der auf Grund des Steuerklassenwechsels im Jahr 2021 gilt – d.h. mit 11%. Daher ergibt sich eine fiktive Steuer in Höhe von 11.300 EUR.
Diese fiktive Steuer ist auf die tatsächlich gezahlte Steuer im Jahr 2015 (26.000 EUR) anzurechnen. Mithin ergibt sich eine fiktive festzusetzende Steuer in Höhe von 14.700 EUR.
Anzurechnen ist auf die für den Gesamterwerb anfallende Steuer in Höhe von 82.500 EUR die höhere der beiden Steuern für den Erwerb 2015, mithin die tatsächliche Steuer in Höhe von 26.000 EUR.
Damit ergibt sich 2021 eine für den Gesamterwerb insgesamt festzusetzende Steuer in Höhe von 56.500 EUR (82.500 EUR ./. 26.000 EUR).
Im Ergebnis wird N als Adoptivkind hier also so gestellt, als ob sie innerhalb des 10-Jahreszeitraums einmal eine Schenkung von T erhalten hat. Denn hätte T der N einmalig 950.000 EUR geschenkt, läge ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 550.000 EUR vor (950.000 ./. 400.000 EUR Freibetrag). Dieser wäre mit 15 % zu versteuern, so dass eine Steuer in Höhe von 82.500 EUR anzusetzen gewesen wäre.
Achtung: eine Besonderheit gibt es jedoch noch: § 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG regelt die sogenannte Mindeststeuer für den Erwerb im Jahr 2021. Danach darf die 2021 anzusetzende Steuer nicht geringer sein, als die Steuer, die für den alleinigen Erwerb im Jahr 2021 – ohne Addition des Erwerbs aus dem Jahr 2015 – anfallen würde. 2021 läge ein Erwerb in Höhe von 800.000 EUR vor. Abzüglich des Freibetrags in Höhe von 400.000 EUR läge der steuerpflichtige Erwerb bei 400.000 EUR. Dieser wäre mit 15 % zu versteuern. Die Steuer betrüge demnach 60.000 EUR. Dieser Betrag ist demnach im Jahr 2021 als Mindeststeuer anzusetzen.
- N zahlt demnach für die Erwerbe insgesamt Steuern in Höhe von 86.000 EUR (26.000 EUR im Jahr 2015 sowie 60.000 EUR im Jahr 2021)
- Der Freibetrag ist demnach durch die ursprüngliche Schenkung im Jahr 2015 nicht verbraucht o.ä. Vielmehr steht N innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums der Freibetrag in Höhe von insgesamt 400.000 EUR zu.
- Auf Grund der Mindeststeuer steht sie allerdings minimal schlechter als bei einer einmaligen Schenkung.
Zum Vergleich: hätte T die N nicht adoptiert, müsste N für eine Schenkung in Höhe von insgesamt 950.000 EUR satte 279.000 EUR Steuern zahlen – im Ergebnis also 193.000 EUR bzw. 196.500 EUR mehr als bei erfolgter Adoption!
- Insbesondere aus steuerlicher Sicht ist die Adoption daher ein sehr interessantes Gestaltungsmittel
Unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte für Familien- und Erbrecht begleiten und unterstützen Sie gerne in dem Adoptionsverfahren, unsere Steuerberater stehen Ihnen für Ihre steuerlichen Fragen zur Verfügung.
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