Die Adoption eines Erwachsenen bzw. Volljährigen als Gestaltungsmittel

Eine Adoption kann aus vielerlei Gründen zum Thema werden. Gewisse Besonderheiten weist dabei die Adoption eines Volljährigen auf. Im Folgenden soll die Adoption eines Volljährigen als Gestaltungsmittel aus erbrechtlicher Sicht näher beleuchtet werden.

A. Was bedeutet „Volljährigen-Adoption“ und welche Adoptionsformen gibt es?

Durch die Adoption (das Gesetz spricht von „Annahme“) erlangt der Volljährige die rechtliche Stellung eines „Kindes“ (Abkömmling) der Annehmenden („Adoptiveltern“), vgl. §§ 1754, 1767 Abs. 2 S. 1 BGB.

Ausgehend von der Motivation, eine Adoption als Gestaltungsmittel in Betracht zu ziehen, kann zwischen der schwachen und der starken Adoption differenziert werden.

Wesentlicher Unterschied dieser beiden „Adoptionsarten“ ist das Erlöschen bzw. Bestehenbleiben von Verwandtschaftsverhältnissen.

Bei der sog. schwachen Adoption werden die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse des „Anzunehmenden“ (d.h. des zu adoptierenden Erwachsenen) aufrechterhalten.

Bei der sog. starken Adoption erlöschen die bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse jedoch grundsätzlich, vgl. §§ 1772 Abs. 1 S. 1, 1755 BGB. An diese Stelle treten die Verwandtschaftsverhältnisse des „Annehmenden“ (d.h. derjenigen/desjenigen, der den Volljährigen adoptiert), vgl. §§ 1772 Abs. 1 S. 1, 1754 BGB.

B. Unter welchen Voraussetzungen ist die Adoption eines Erwachsenen möglich?

Geregelt sind die Voraussetzungen der Volljährigen-Adoption in den §§ 1767ff. BGB sowie über die Verweisung des § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB in den allgemeinen (Minderjährigen-)Adoptionsvorschriften der §§ 1741ff. BGB.

I. Eltern-Kind-Verhältnis

Danach ist eine Adoption eines Volljährigen zulässig, wenn sie dessen Wohl dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Erwachsenen und den Adoptiveltern ein Eltern-Kind-Verhältnis entweder entsteht (§§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1741 Abs. 1 S. 1 BGB) oder ein solches Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs. 1 HS. 2 BGB).

1. Sittliche Rechtfertigung der Adoption

Eine Adoption ist daher wesentlich durch das Eltern-Kind-Verhältnis geprägt. Eine Adoption ist nur dann möglich, wenn zwischen dem Erwachsenen und den Adoptiveltern ein Verhältnis besteht respektive entsteht, das mit der natürlichen Beziehung von den Eltern zu einem volljährigen Kind vergleichbar ist.

Leitlinie ist, dass das familienbezogene Motiv für die Adoption entscheidender Anlass ist. Solange dieser familienbezogene Zweck überwiegt, schaden auch etwaige Nebenzwecke nicht (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 18. 4. 2018 – 2 UF 144/17 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung ist diese natürliche Beziehung beschränkt auf eine innere Verbundenheit und der Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand. Diesbezüglich wird die von gegenseitigem unbedingtem Beistand getragene dauernde Verbundenheit zwischen Annehmendem und Anzunehmendem allgemein als prägendes Merkmal eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Beteiligten einer Erwachsenenadoption betrachtet (u.a. BayObLG, Beschluß vom 29-03-1995 – 1Z BR 72/94 m.w.N.).

Da diese inneren Kriterien für das Gericht faktisch kaum zu überprüfen sind, muss das Verhältnis sich in einer nachprüfbaren Weise im äußeren Verhalten manifestiert haben, so beispielweise das OLG Zweibrücken in einem Urteil.

Ob die Annahme eines Volljährigen als Kind sittlich gerechtfertigt ist, ist das Ergebnis einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls, die das FamilienG nach § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln hat. Hierbei müssen die Motive der Beteiligten im Rahmen einer Anhörung festgestellt und gegeneinander abgewogen werden.

In diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Kriterien bzw. Anhaltspunkte, die herangezogen werden können, um familienbezogene Zwecke zu rechtfertigen so beispielsweise das OLG Hamburg oder das OLG München.

  • Fortführung eines Lebenswerkes
  • Künftige Unterstützung in Krankheit und Alter (psychisch, physisch und wirtschaftlich)
  • Gemeinsame Vergangenheit (bspw. beruflicher Art)
  • Gemeinsame Interessen
  • Unterstützung im bisherigen Alltag (Übernahme von Reparaturarbeiten, Gartenpflege, etc.)
  • Räumliche Verbundenheit, die einen Begegnungs- und Beistandsgemeinschaft ermöglicht
    • Persönlicher Umgang in Form von Besuchen
    • gemeinsam bewohnte Immobilien
    • Teilnahme an wichtigen Ereignissen, etc.

2. Der Altersunterschied als Kriterium der sittlichen Rechtfertigung

Häufig stellen sich die Beteiligten die Frage, welche Rolle dem Altersunterschied beigemessen wird. Ausgangspunkt ist dabei, dass der entsprechende Altersabstand einer natürlichen Generationenfolge entsprechen sollte, d.h. der Altersabstand sollte für eine Eltern-Kind-Beziehung typisch sein (MüKoBGB/Maurer, 8. Aufl. 2020, BGB § 1767 Rn. 41-44 m.w.N.).

So darf der Altersunterschied nicht zu gering, im Gegenzug jedoch auch wieder nicht zu groß sein. Feste Grenzen existieren insoweit zwar nicht, jedoch gibt es gewisse Anhaltspunkte in der bisherigen Rechtsprechung.

So wird ein angemessener Altersabstand von weniger als zwölf Jahren in der Regel verneint, so das OLG Köln in einem Beschluss. Teilweise wird dies auch noch bei einem Altersunterschied von sechzehn Jahren verneint, da eine Schwangerschaft mit fünfzehn bis sechszehn Jahren eher der Ausnahme als der Regel entspreche.

Demgegenüber wird ein typischer Altersabstand verneint, wenn faktisch eine Generation übersprungen werde (vgl. OLG Bremen Beschl. v. 9.11.2016 – 4 UF 108/16 bzgl. eines Altersunterschieds von 61 Jahren). Die Grenze dürfte insoweit regelmäßig bei maximal 50 Jahren Altersabstand liegen.

Insoweit gehen die Gerichte noch davon aus, dass eine Elternschaft bis zu diesem Alter (insb. bei Vätern) nicht ungewöhnlich ist. Als angemessen wurde der Altersunterschied von 37 bzw. 44 Jahren (OLG München Endbeschluss v. 25.9.2019 – 33 UF 918/19) angesehen. Das OLG Hamburg bejahte mit Beschl. v. 18. 4. 2018 – 2 UF 144/17 einen angemessenen Altersunterschied von 42 Jahren. Das OLG Schleswig sah sogar mit Beschl. v. 1.8.2019 – 8 UF 102/19 einen Altersunterschied von 50 Jahren als noch angemessen an.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass ein Altersabstand, der nicht der typischen Eltern-Kind-Beziehung entspricht, kein alleiniger Versagungsgrund ist.

Allerdings stellt dies ein gewichtiges Indiz gegen das typische Eltern-Kind-Verhältnis dar. Mithin müssen seitens der Beteiligten gewichtige Gründe vorgebracht werden, um das Gericht von der sittlichen Rechtfertigung zu überzeugen. So kann im Einzelfall die sittliche Rechtfertigung trotz eines Altersunterschieds von nur neun bzw. zwölf Jahren bei Vorliegen besonderer Umstände dennoch bejaht werden (vgl. u.a. BayObLG Beschl. v. 25.3.1993 – 1 Z BR 103/93).

3. Bereits entstandenes Eltern-Kind-Verhältnis

Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist, so liegt die sittliche Rechtfertigung vor, vgl. § 1767 Abs. 1 HS. 2 BGB. Ein neben dem familiären Zweck bestehender Beweggrund ist nach dem Wortlaut des § 1767 Abs. 1 HS. 2 BGB dann nicht mehr gesondert zu prüfen, ist mithin irrelevant. Vielmehr indiziert die Bejahung des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses den familiären Hauptzweck. Das Herausarbeiten dieses familienbezogenen Zwecks anhand der o.g. Kriterien ist gerade wesentlicher Bestandteil der Prüfung, ob ein solches Eltern-Kind-Verhältnis besteht.

4. Künftig zu entstehendes Eltern-Kind-Verhältnis

Geht das Gericht davon aus, dass bislang noch kein Eltern-Kind-Verhältnis besteht, so muss es prüfen, ob zu erwarten ist, dass sich die bestehende Beziehung künftig in ein Eltern-Kind-Verhältnis entwickelt, vgl. §§ 1741 Abs. 1 S.1, 1768 Abs. 2 S. 1 BGB. Dies erfolgt anhand einer Prognose, wobei der bloße Wunsch der Beteiligten hinsichtlich des Entstehens einer familiären Beziehung dafür nicht ausreichend ist. Mangels Indizwirkung i.S.d. § 1767 Abs. 1 HS. 2 BGB sind i.R.d. Prognose sämtliche anderen Motive umfassen mit zu berücksichtigen. (vgl. Palandt, 79. Aufl., 2020, § 1741 Rn. 4 sowie § 1767 Rn. 4ff. je m.w.N.).

Eine sittliche Rechtfertigung wird demnach nur dann angenommen, wenn der Hauptzweck der Adoption familienbezogen ist. Bilden hingegen bspw. steuerliche Motive (vgl. zu den steuerlichen Auswirkungen der Volljährigen-Adoption den gesonderten Beitrag) den primären Beweggrund, so ist die Adoption sittlich nicht gerechtfertigt.

II. Weitere Voraussetzungen

Ist der zu adoptierende selbst verheiratet oder führt eine eingetragene Lebenspartnerschaft, so normiert § 1767 Abs. 2 S. 2 BGB, dass für seine Adoption die Einwilligung seines Ehegatten oder seines Lebenspartners erforderlich ist.

Durch § 1769 BGB werden schließlich die Interessen der Kinder des Erwachsenen sowie der Adoptiveltern berücksichtigt. Stehen der Adoption derartige Kinder-Interessen entgegen, so ist die Adoption zu versagen.

Da die Interessen der Kinder „überwiegen“ müssen, bedarf es einer umfassenden Abwägung der einschlägigen Interessen der Beteiligten. Zu berücksichtigende Kriterien sind dabei erbrechtliche sowie allgemeine wirtschaftliche (bspw. Unterhaltsverpflichtungen) Interessen.

III. Sonderfall der sogenannten starken Adoption

Gemäß § 1755 BGB (i.V.m. § 1772 BGB) erlöschen die (leiblichen) Verwandtschaftsverhältnisse des Volljährigen und dessen Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten durch die starke Adoption. Auf Grund dieser starken Wirkung müssen für die Bejahung der starken Adoption die zusätzlichen Voraussetzungen des § 1772 BGB vorliegen.

§ 1772 Abs. 1 S. 1 BGB regelt insoweit vier Varianten, in denen die sog. starke Adoption möglich ist. Die Volladoption ist möglich, wenn

a) ein minderjähriger Bruder oder eine minderjährige Schwester des Anzunehmenden von dem Annehmenden als Kind angenommen worden ist oder gleichzeitig angenommen wird oder

b) der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Familie des Annehmenden aufgenommen worden ist oder

c) der Annehmende das Kind seines Ehegatten annimmt (sog. Stiefkindadoption) oder

d) der Anzunehmende in dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Annahme bei dem Familiengericht eingereicht wird, noch nicht volljährig ist.

Gemäß § 1772 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine Volladoption ausgeschlossen, wenn selbiger überwiegende Interessen der leiblichen Eltern des Anzunehmenden entgegenstehen. Dies ist anhand einer Abwägung der Interessen der Beteiligten festzustellen.

Im Falle einer Stiefkindadoption bzw. einer Verwandtenadoption gelten die Sondervorschriften des §§ 1755 Abs. 2 bzw. § 1756 BGB (je über §§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1772 BGB), auf die an dieser Stelle jedoch nicht eingegangen wird.

C. Wie läuft das Adoptionsverfahren ab?

Der Volljährige und die Adoptiveltern müssen gemeinsam beim zuständigen Familiengericht einen notariell beurkundeten Adoptionsantrag einreichen, vgl. §§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1752 Abs. 2 sowie § 1768 Abs. 1 S. 1 BGB.

1. Adoptionsantrag unter Mitwirkung des Notars

Der Notar benötigt für die Vorbereitung des Antrags Name, Anschrift und Geburtsdatum folgender Personen:

  • Adoptivkind (Anzunehmender)
  • Leibliche Eltern
  • Adoptiveltern
  • Aller leiblichen Kinder der Adoptiveltern
  • ggf. Kinder des Volljährigen

Bei dem Notar sollten am besten ferner folgende Unterlagen im Original oder als Ausfertigung (teilweise genügt auch eine beglaubigte Kopie) eingereicht werden:

  • Einwilligungserklärungen der Adoptiveltern, des Erwachsenen & ggf. des Ehepartners/Lebenspartners des Volljährigen
  • ggf. Anschlusserklärung des Ehepartners/Lebenspartners des Anzunehmenden bzgl. der Namensänderung
  • Geburtsurkunden der Antragsteller & ggf. leiblicher Kinder
  • Heiratsurkunde bei annehmenden Eheleuten
  • ggf. Heiratsurkunde des Anzunehmenden
  • Meldebescheinigung bzw. Nachweis der Staatsangehörigkeit
  • Ärztliche Zeugnisse
  • Polizeiliches Führungszeugnis des Annehmenden

In dem Adoptionsantrag ist ferner eine Stellungnahme enthalten, woraus sich das Eltern-Kind-Verhältnis zwischen Annehmenden und Anzunehmenden ergibt. Dazu orientiert er sich insbesondere an den unter B. I. 1. dargelegten Kriterien.

2. Das gerichtliche Adoptionsverfahrens

Nach Antragsstellung prüft das Gericht, ob die o.g. Voraussetzungen der Adoption vorliegen. Schwerpunkt der Prüfung wird regelmäßig die Frage sein, ob von einem bestehenden Eltern-Kind-Verhältnis auszugehen ist bzw. ob ein solches zu erwarten ist.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens stellt sich bei dem zu Adoptierenden häufig die Frage, ob seine leiblichen Eltern zwingend zu beteiligen sind. Die Antwort darauf ist des Juristen liebste Antwort – es kommt darauf an:

Bei Grundfall der schwachen Adoption werden die leiblichen Eltern in der Regel nicht beteiligt. Dies hat den Hintergrund, dass es ausschließlich um die Beziehung des Erwachsenen und der Adoptiveltern geht – sowohl in tatsächlicher Hinsicht (be-/entsteht ein Eltern-Kind-Verhältnis?) als auch in rechtlicher Sicht (das Verwandtschaftsverhältnis zu der leiblichen Familie wird nicht beendet).

Soll es zu einer starken Adoption kommen, so sind die leiblichen Eltern zu beteiligen, da das Verwandtschaftsverhältnisses zu ihnen durch diese Form der Adoption beendet wird. Mithin sind die Interessen der leiblichen Eltern zu berücksichtigen, vgl. § 1772 Abs. 1 S. 2 BGB. Überwiegen die Interessen der leiblichen Eltern an der Erhaltung des Verwandtschaftsverhältnisses, so ist die starke Adoption zu versagen. Auf Grund dessen sind die leiblichen Eltern im Rahmen des starken Adoptionsverfahrens in Form der Anhörung am gerichtlichen Verfahren zu beteiligen, vgl. §§ 188 Abs. 1 Nr. 1 lit. b Alt. 2, 192 Abs. 2 FamFG

D. Welche Auswirkungen hat die Adoption eines Erwachsenen?

Durch die Adoption erlangt der Volljährige die rechtliche Stellung eines „Kindes“ (Abkömmling) des Annehmenden, vgl. §§ 1754, 1767 Abs. 2 S. 1 BGB.

I. Erbrechtliche und unterhaltsrechtliche Folgen

1. Grundfall: sog. schwache Adoption, § 1770 BGB

Die Wirkungen der sog. schwachen Adoption sind in § 1770 BGB geregelt. Danach hat die Adoption keine Auswirkungen auf die Verwandten des Annehmenden, d.h. ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Angenommenen und der Familie des Annehmenden wird nicht begründet. Eine Verschwägerung der Verwandten bzw. der Partner der Beteiligten tritt nicht ein.

Wichtig ist auch, dass das Verwandtschaftsverhältnis des Volljährigen und dessen Abkömmlinge zu ihren Verwandten grundsätzlich unberührt bleibt.

Allerdings sind die Adoptiveltern dem Angenommenen (und dessen Abkömmlingen!) zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet – und dies bevor die leiblichen Verwandten des Angenommenen einstehen müssen.

Entsprechend ist der Volljährige de Adoptiveltern (und weiterhin seinen leiblichen Eltern) zum Unterhalt verpflichtet. Die Unterhaltsverpflichtungen richten sich nach den allgemeinen Regeln der §§ 1601ff. BGB, d.h. richtet sich insbesondere nach der Leistungsfähigkeit des Volljährigen und dem Bedarf der Adoptiveltern bzw. der leiblichen Eltern des Anzunehmenden.

Auf Grund der Stellung als „Kind“ des Annehmenden, treten neben die leiblichen Eltern des Erwachsenen auch die Adoptiveltern. Folglich gibt es aus erbrechtlicher Sicht vier gesetzliche Erben zweiter Ordnung i.S.d. § 1925 BGB. Diese sind grundsätzlich zu gleichen Teilen, d.h. je zu ¼, erbberechtigt. Sofern bspw. die leiblichen Eltern bereits verstorben sind, treten deren Abkömmlinge gemäß § 1925 Abs.3 BGB an ihre Stelle.

Entsprechend beerbt der Anzunehmende als „Kind“ der Adoptiveltern diese als Erbe erster Ordnung im Sinne des § 1924 BGB und tritt neben weitere Abkömmlinge seiner Adoptiveltern sowie gemäß § 1931 BGB des überlebenden Teils der Adoptiveltern. Hinzuweisen ist darauf, dass der Anzunehmende bzw. dessen Abkömmlinge als Erbe erster Ordnung (insbesondere wenn keine leiblichen Abkömmlinge seitens des Adoptiveltern vorhanden sind) u.a. die Eltern der Adoptiveltern als Erben zweiter Ordnung von der Erbfolge ausschließen, vgl. § 1930 BGB.

2. Sonderfall: sog. starke Adoption, § 1772 BGB

Einen Sonderfall stellt die sog. starke Adoption dar. Der wesentliche Unterschied zur schwachen Adoption liegt in der Wirkung des § 1755 BGB.

Mit der Volladoption endet die Unterhaltspflicht zwischen dem zu Adoptierenden und seinen leiblichen Eltern i.S.d. §§ 1601ff. BGB. Folglich sind die leiblichen Eltern dem Anzunehmenden zwar nicht mehr unterhaltsverpflichtet. Selbiges gilt jedoch auch zu ihren Lasten – der Volljährige ist seinen leiblichen Eltern gegenüber nicht mehr unterhaltsverpflichtet. Dies kann gerade im Alter zu erheblichen Auswirkungen führen.

Ob sich aus dem Wegfall der Unterhaltsberechtigung der leiblichen Eltern überwiegende Interessen ergeben, die dazu führen, dass die Volladoption zu versagen ist, ist anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu prüfen. Maßgebliches Kriterium ist dabei insbesondere neben dem Bedarf der leiblichen Eltern der Umstand, ob bzw. in welchem Umfang die leiblichen Eltern dem Anzunehmenden seinerseits Unterhalt geleistet haben (vgl. MüKoBGB/Maurer, 8. Aufl. 2020, BGB § 1772 Rn. 33-39 m.w.N.).

II. Steuerrechtliche Folgen

Die steuerrechtlichen Folgen unterliegen einem gesonderten Beitrag (…).

III. Namensrechtliche Folge

Die namensrechtliche Folge richtet sich nach § 1757 BGB, der als allgemeine Norm über den Verweis des § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB zur Anwendung kommt.

§ 1757 BGB normiert dabei in Abs. 1 S. 1, dass der zu Adoptierende grundsätzlich mit der Adoption den Familiennamen der Adoptiveltern als Geburtsnamen erhält. In Abs. 1 S. 2 wird klargestellt, dass als Familienname nicht der Doppelname eines Ehegatten/Lebenspartners gilt, sondern nur der geführte Familienname.

Sofern ein Ehepaar keinen Ehenamen führt, so bestimmen die Adoptiveltern den Geburtsnamen des Anzunehmenden nach der allgemeinen Norm des § 1617 Abs. 1 BGB, vgl. § 1757 Abs. 2 S. 1 BGB.

Festzuhalten ist daher, dass der zu Adoptierende bei der Volljährigen-Adoption (sowohl bei der starken als auch bei der schwachen) seinen Geburtsnamen aufgibt.

Die Änderung des Geburtsnamens ist damit grundsätzlich zwingend. Es gibt lediglich gesetzliche Ausnahmen, durch die der Anzunehmende seinen Familiennamen weiterführen kann.

Zum einen regelt § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB, dass auf Antrag des Annehmenden das Familiengericht mit Einwilligung des Anzunehmenden mit dem Ausspruch der Adoption dem neuen Familiennamen des Anzunehmenden den bisherigen Familiennamen voranstellen oder anfügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Anzunehmenden erforderlich ist.

Zum anderen ist in § 1767 Abs. 2 S. 3 BGB eine äußerst praxisrelevante Ausnahme geregelt. Diese betrifft den Fall, dass der zu Adoptierende verheiratet oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist und die Ehegatten/Lebenspartner den Geburtsnamen des zu Adoptierenden führen. In derartigen Fällen ändert sich der Ehename des Erwachsenen nur, wenn sich der Ehegatte/Lebenspartner des Erwachsenen der Namensänderung anschließt.

Ohne Zustimmung ändert sich zwar der Geburtsname des zu Adoptierenden, vgl. §§ 1757 Abs. 1 S. 1, 1767 Abs. 2 S. 1 BGB, nicht jedoch der gemeinsam geführte Ehename.

Für die Kinder des zu Adoptierenden ergeben sich die folgenden Auswirkungen:

Kinder erhalten grundsätzlich den Ehenamen seiner Eltern als Geburtsnamen, § 1616 BGB. Beruht der Geburtsname des Kindes auf dem Geburtsnamen des zu Adoptierenden, ändert sich grundsätzlich auch der Geburtsname des Kindes.

Ab der Vollendung des fünften Lebensjahres des Kindes erstreckt sich die Namensänderung des Ehe-/Lebenspartnerschaftsnamens auf den Geburtsnamen des Kindes jedoch nur dann, wenn es sich der Namensgebung gegenüber dem Standesamt anschließt, § 1617c Abs. 1, 2 BGB.

Ferner bestimmt § 1617c Abs. 3 BGB, dass sich die Änderung des Geburtsnamens auf den Ehe-/Lebenspartnerschaftsnamen des Kindes nur dann erstreckt, wenn sich auch der Ehegatte oder der Lebenspartner der Namensänderung gegenüber dem Standesamt anschließt.

E. Weitere Einzelfragen

I. Ist eine intakte Beziehung zu leiblichen Eltern hindernd?

Nein, vgl. § 1770 Abs. 2 BGB, wonach ein Nebeneinander von leiblicher Familie und Adoptivfamilie explizit vorgesehen ist (vgl. auch OLG Hamburg, Beschl. v. 18. 4. 2018 – 2 UF 144/17 m.w.N.)

II. Wer kann überhaupt einen Erwachsenen adoptieren?

§ 1741 Abs. 2 BGB (der über § 1767 Abs. 2 S. 1 BGB auch für die Adoption eines Erwachsenen gilt):

Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen.

-> D.h. nicht verheiratete Partner können einen Volljährigen nicht gemeinschaftlich adoptieren

Ein Ehepaar kann ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen.

-> Ehegatten können einen Volljährigen hingegen bei rechtskräftiger Ehe nur gemeinschaftlich adoptieren

Ein Ehegatte kann ein Kind seines Ehegatten allein annehmen.

Er kann ein Kind auch dann allein annehmen, wenn der andere Ehegatte das Kind nicht annehmen kann, weil er geschäftsunfähig ist oder das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Hinsichtlich eingetragener Lebenspartner sei auf die Vorschriften des § 9 Abs. 6, 7 LPartG verwiesen:

Danach adoptiert ein Lebenspartner den Volljährigen grundsätzlich alleine – wozu es jedoch der Einwilligung des anderen Lebenspartners bedarf; eine Stiefkindadoption ist nach Abs. 7 möglich.

III. Erlangt ein ausländischer Anzunehmender durch die Adoption automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft?

Ein zu adoptierender Volljähriger erlangt durch die Adoption nicht automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Volljährige ist demnach auf die Möglichkeit der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG verwiesen (vgl. BeckOK BGB/Pöcker, 60. Ed. 1.11.2021, BGB § 1767 Rn. 22, 22.1).

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