Pflichtteil

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Erbanspruch und besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der Pflichtteilsberechtigte wird damit zwar kein Erbe, hat aber einen Zahlungsanspruch in Höhe seines Pflichtteils gegen den oder die Erben.

Wann steht mir der Pflichtteil zu?

Von Oma doch nur die blauen Augen geerbt? Wenn Sie als pflichtteilsberechtigte Person im Testament nicht benannt wurden oder gar ausdrücklich enterbt sind, steht Ihnen der Anspruch auf den Pflichtteil zu. Zudem kann der Pflichtteil in Fällen bestehen, in denen man zwar im Testament bedacht worden ist, allerdings weniger erhalten soll als der Pflichtteil wert ist. Die Existenz und die Berechnung des Pflichtteils ist immer anhand des jeweiligen Einzelfalles zu prüfen, da viele weitere Aspekte relevant sein können, die man auf den ersten Blick nicht bedacht hat.

Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Häufig wird verkannt, dass schon die Geschwister nicht mehr pflichtteilsberechtigt sind. Dagegen sind aber die Eltern pflichtteilsberechtigt, solange der Erblasser keine eigenen Kinder hat. Regelmäßig hat auch der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner einen Anspruch auf seinen Pflichtteil. Bei Ehegatten gibt es zusätzliche Besonderheiten, wenn die Ehegatten ohne Ehevertrag verheiratet waren.

Erhält man den Pflichtteil automatisch oder kann ich darauf verzichten?

Automatisch bekommt man den Pflichtteil nicht. Der Pflichtteil gewährt dem Pflichtteilsberechtigten nur einen Anspruch gegen die Erbengemeinschaft. Um den Pflichtteil zu bekommen, muss man diesen gegenüber der Erbengemeinschaft einfordern. Man muss den Anspruch auf den Pflichtteil jedoch nicht geltend machen. Möchte man auf den Pflichtteil verzichten, so muss man also keine besonderen Schritte einleiten. Anders ist dies beim Erbteil. Kommt man als Erbe in Betracht, kann man die Erbschaft ausschlagen und muss dafür eine Ausschlagungserklärung abgeben.

Was ist der Pflichtteil zu Lebzeiten?

Grundsätzlich kann ein Pflichtteil erst mit dem Erbfall, also dem Tod des Erblassers, verlangt werden. Der Pflichtteil zu Lebzeiten bezeichnet die Möglichkeit, einen Pflichtteil bereits zu Lebzeiten des Erblassers geltend zu machen. Dabei zahlt der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten bereits zu Lebzeiten eine Summe aus, die in etwa der Höhe des Pflichtteils entspricht. Dies hat den Vorteil, dass der Pflichtteilsberechtigte sofort und nicht erst mit dem Erbfall über das Geld verfügen kann. Dafür muss der Pflichtteilsberechtigte aber im Gegenzug darauf verzichten, den Pflichtteil nochmal beim Tod des Erblassers geltend zu machen. Dieser Verzicht muss notariell beurkundet werden. Zudem muss auch der Erblasser mit dem Pflichtteilsverzicht einverstanden sein.

Oftmals wird dem pflichtteilsberechtigten Kind zu Lebzeiten beispielsweise auch ein Grundstück geschenkt, welches dieses sich auf seinen späteren Pflichtteil anrechnen lassen muss. Dann geht das Kind im Erbfall oft leer aus oder erhält schlicht weniger.

Beide Möglichkeiten bestehen nur, wenn der Erblasser auch zu einer solchen Vereinbarung mit dem Pflichtteilsberechtigten bereit ist. Ohne Einigung mit dem Erblasser kann ein Pflichtteil zu dessen Lebzeiten nicht geltend gemacht werden. Dann muss man als Pflichtteilsberechtigter den Erbfall abwarten.

Was kann als Pflichtteil gefordert werden?

Wichtig zu wissen ist, dass der Pflichtteil ein Zahlungsanspruch ist. Das heißt, es können nicht bestimmte Gegenstände gefordert werden, sondern ausschließlich eine Zahlung eines bestimmten Betrages von dem/den jeweiligen Erben.

Kann ich eine Erbschaft ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil verlangen?

Man kann auf die Idee kommen, die Erbschaft, die aus unliebsamen Gegenständen besteht, auszuschlagen und stattdessen eine Geldzahlung im Rahmen des Pflichtteils verlangen. Regelmäßig gibt das Gesetz allerdings hier keinen Pflichtteil. Wer ausschlägt, hat also keinen Anspruch auf den Pflichtteil. Hiervon gibt es wenige Ausnahmen, wie beispielsweise für Ehegatten oder für Erben, die nur als Vorerbe eingesetzt sind oder einen testamentarisch eingesetzten Testamentsvollstrecker akzeptieren müssten.

Wie lange kann ich einen Pflichtteil fordern?

Für die Forderung des Pflichtteils gegen den Erben hat man in der Regel 3 Jahre Zeit ab Schluss des Jahres, in dem man sicher Kenntnis von dem Tod des Erblassers und seiner eigenen Enterbung erfahren hat. Gesetzlich bestehen im Zweifel Höchstfristen von 30 Jahren ab dem Todestag.

Kann ich als Erblasser den Pflichtteil eines Berechtigten reduzieren?

In der Regel kann der Erblasser nicht von den gesetzlichen Vorgaben zur Pflichtteilshöhe abweichen. Schließlich sind diese Regeln ja gerade dazu da, den Pflichtteilsberechtigten zu schützen. Ein vollständiger Entzug des Pflichtteils ist nur in den Fällen des § 2333 BGB möglich. Das betrifft insbesondere Straftaten des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erblasser. Ist ein Fall des § 2333 BGB gegeben, kann der Erblasser im Testament den Entzug des Pflichtteils anordnen.
Als Erblasser hat man weiterhin die Möglichkeit, mit dem Pflichtteilsberechtigten einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren. Dieser muss notariell beurkundet werden und ist mit einer Abfindung verbunden, die in etwa der Höhe des Pflichtteils entspricht (siehe oben, Pflichtteil zu Lebzeiten).

Zudem kann man als Erblasser den Wert des Pflichtteilsanspruchs dadurch reduzieren, dass man das eigene Vermögen zu Lebzeiten und damit den Nachlass verkleinert. Dies kann zum Beispiel durch Schenkungen geschehen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Pflichtteilsberechtigte noch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch haben kann, wenn die Schenkung zu Zeiten des Erbfalls noch nicht mehr als 10 Jahre zurückliegt. Bei Schenkungen unter Ehegatten gilt dies auch außerhalb der 10 Jahre, also unbefristet.

Wie wird die Höhe des Pflichtteils berechnet?

Der Pflichtteil besteht in der Höhe des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch dieser ist, hängt davon ab, ob der Erblasser mit oder ohne Ehevertrag verheiratet war und ob und – wenn ja – wie viele Kinder vorhanden sind. Zur Berechnung des gesetzlichen Erbteils werden die §§ 1924 ff. BGB herangezogen.

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5/5 Sternen von M. H. bewertet am 09.09.2015 im Erbrecht (Pflichtteilsanspruch der Schwester nach dem Tod der Mutter.)

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