Was passiert denn, wenn ein gemeinnütziger Verein „zu viel Geld hat“?
Eine zeitlich unbegrenzte Anhäufung von Rücklagen ist nicht gestattet und kann zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen. Dies ist dann auch für den Vorstand gefährlich, denn in der Konsequenz können Schadensersatzforderungen des Vereins gegenüber dem persönlich haftenden Vorstand entstehen. Um die Gemeinnützigkeit weiterhin zu erhalten, müssen die Mittel zeitnah verwendet werden.
Gibt es eine Ausnahme von der „zeitnahen Mittelverwendung“?
Ja, die gibt es! Es können vier unterschiedliche Arten von Rücklagen durch Vereine gebildet werden, um Vermögen im Verein aufzubauen, sodass die Mittel nicht zeitnah verwendet werden müssen.
Gibt es zwischen den vier Arten Unterschiede?
Ja. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den Rücklagen.
- Die freie Rücklage § 62 (1) Nr. 3 AO
Die freie Rücklage kann sehr flexibel gebildet werden. Sie ist innerhalb eines Höchstbetrages zu bilden – weitere Voraussetzungen müssen nicht vorliegen. Der Verein kann frei über diese Rücklage entscheiden. Die Rücklage kann jederzeit aufgelöst oder verwendet werden. Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung gilt nicht, die Gelder können also zeitlich unbefristet aufgespart werden.
Der Höchstbetrag wird wie folgt berechnet:
- Höchstens 1/3 des Überschusses der Einnahmen aus der Vermögensverwaltung
- Zuzüglich höchstens 10 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel. Somit jeweils 10 % Gewinne aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb, Gewinne des Zweckbetriebs sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich
Tipp: Falls der Verein den Höchstbetrag bei der freien Rücklagenbildung nicht ausgeschöpft hat, kann er in den beiden Folgejahren die Zuführung in die freie Rücklage nachholen.
Beispiel: Im Jahr 2024 bildet der Verein erstmals eine freie Rücklage im Rahmen des Höchstbetrages. Zusätzlich kann die freie Rücklage aus den Jahren 2022 und 2023 in 2024 nachgeholt werden § 62 (1) Nr. 3 Hs. 2 AO.
- Die zweckgebundene Rücklage § 62 (1) Nr. 1 AO
Diese Rücklage ist zu bilden, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen. Unterfälle der zweckgebundenen Rücklage sind die Betriebsmittelrücklage (z.B. Mieten, Löhne etc.) und die Instandhaltungsrücklage.
Es müssen folgende Voraussetzungen für die Bildung der zweckgebundenen Rücklage vorliegen:
- Die Rücklage ist ausschließlich für steuerbegünstigte, satzungsmäßige Zwecke
- Die Gesamthöhe der Rücklage darf nicht höher sein, als die zu erwarteten Kosten
- Es benötigt einen konkreten Projektplan, Projektbeschreibung, Höhe der voraussichtlichen Kosten und der Zeitpunkt des Projektabschlusses
Praxistipp: Dem Finanzamt muss nachgewiesen werden, dass der Projektplan zu Beginn der Rücklagenbildung vorlag. Falls dies nicht nachgewiesen werden sollte, nimmt das Finanzamt eine Mittelfehlverwendung an. Falls das Projekt erfüllt oder weggefallen ist, muss die Rücklage zwingend aufgelöst werden. Der aufgelöste Betrag muss zeitnah verwendet werden.
- Die Wiederbeschaffungsrücklage § 62 (1) Nr. 2 AO
Dies ist eine Unterform der zweckgebundenen Rücklage. Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
- Es muss sich um eine Wiederbeschaffung handeln (etwas vorhandenes wird ersetzt)
- Rücklage darf nur für die Verwirklichung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke gebildet werden
- Zuführung innerhalb von Höchstgrenzen
Die Höchstgrenze für die Rücklagenzuführung bemisst sich nach der Höhe der regulären Abschreibung. Er werden die Anschaffungskosten auf die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt, die über die amtlichen AfA-Tabellen zu übernehmen ist. In Ausnahmefällen können auch höhere Beträge zugeführt werden – die höhere Zuwendung ist dem Finanzamt nachzuweisen.
Praxistipp: Die Wiederbeschaffungsabsicht ist zu dokumentieren und dem Finanzamt bei Bedarf nachzuweisen. Sollte der Nachweis nicht erfolgen, nimmt das Finanzamt eine Mittelfehlverwendung an. Die Rücklage ist aufzulösen, wenn das wiederbeschaffte Wirtschaftsgut angeschafft wurde oder die Anschaffung nicht mehr durchgeführt werden soll. Der aufgelöste Betrag ist zeitnah zu verwenden.
- Rücklage zum Erwerb von Gesellschaftsrechten § 62 (1) Nr. 4 AO
Dies ist eine Rücklage zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften zuführen, wobei die Höhe dieser Rücklage die Höhe der freien Rücklage nach §62 (1) Nr. 3 AO mindert.
Beeinflusst die Rücklagenbildung auch die Freibetragsgrenzen von 45.000 € im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb? Kann so die Entstehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer vermieden werden?
Leider nein. Die Rücklagenbildung mindert weder die Umsatzgrenze des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes noch mindert sie den Gewinn. Vereine müssen ihre verfügbaren Mittel zeitnah verwenden. Rücklagen dienen dazu, Vermögen anzusammeln, eben nicht zeitnah zu verwenden, um in Krisensituationen genügend Geld zu haben bzw. geplante Investitionen durchzuführen, ohne dass das Finanzamt die Gemeinnützigkeit aberkennt.
Haben Sie allgemein ergänzende Fragen zur Rücklagenbildung im Sportverein? Dann schreiben Sie uns gerne eine email, dann prüfen wir dies und erweitern den Beitrag. Natürlich berät unsere Steuerabteilung auch gerne individuell, dann nehmen Sie gerne entweder per email oder telefonisch Kontakt zu uns auf.