Vor- und Nacherbschaft

Was ist die Vor- und Nacherbschaft?

Vor- und Nacherbschaft

Die Vor- und Nacherbschaft bezeichnet die Möglichkeit, die Reihenfolge und Dauer der Nutzung des eigenen Nachlasses zu bestimmen. Sie kann in einer Verfügung von Todes wegen, also in einem Testament, einem gemeinschaftlichen Testament sowie in einem Erbvertrag angeordnet werden. Der Vorerbe kann den Nachlass bis zur einem vom Erblasser bestimmten Zeitpunkt behalten und nutzen. Danach geht der Nachlass auf den Nacherben über. Der Nacherbe erbt wird also nicht Erbe des Vorerben, sondern „zweiter“ Erbe des Erblassers. Damit von der Erbschaft auch noch etwas für den Nacherben übrig bleibt, gelten für den Vorerben gewisse Verfügungsbeschränkungen.

Als Zeitpunkt für den Übergang des Nachlasses wird meist der Tod des Vorerben gewählt. Es sind jedoch auch andere Anlässe möglich, wie beispielsweise der Eintritt des Vorerben ins Rentenalter, die Volljährigkeit des Nacherben oder die (Wieder-)Heirat des Vorerben. In dieser Hinsicht ist der Erblasser frei und kann selbst entscheiden, wann er einen Übergang des Nachlasses vom Vorerben auf den Nacherben für sinnvoll erachtet.

Welche Rechte und Pflichten habe ich als Vorerbe oder Nacherbe?

Stirbt der Erblasser, so fällt der Nachlass zunächst dem Vorerben zu. Der Nacherbe erhält hingegen ein sogenanntes Anwartschaftsrecht, das seine Position in Bezug auf den späteren Erhalt des Nachlasses absichert.

Grundsätzlich kann der Vorerbe über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände nicht frei verfügen. Vielmehr gelten zum Schutz des Nacherben Verfügungsbeschränkungen für den Vorerben. Das heißt, er darf das geerbte Vermögen nicht verschenken oder verkaufen, wenn dem Nacherben dadurch ein Nachteil entsteht. Tut er dies trotzdem, so ist diese Verfügung unwirksam und der weggegebene Gegenstand kann vom Nacherben zurückgefordert werden. Damit der Nacherbe einen Überblick hat, was alles zum Nachlass gehört, kann er vom Vorerben die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses verlangen.

Der Erblasser kann aber auch anordnen, dass für den Vorerben bestimmte Verfügungsbeschränkungen nicht gelten. Man spricht dann von einem befreiten Vorerben. Auch ein befreiter Vorerbe darf den Nachlass jedoch nicht verschenken und muss auf Verlangen des Nacherben ein Nachlassverzeichnis erstellen.

Darüber hinaus muss der Vorerbe den Nachlass ordnungsgemäß verwalten und die gewöhnlichen Erhaltungskosten tragen. Besteht der Verdacht, dass der Nachlass vom Vorerben nicht ordnungsgemäß verwaltet wird und dass dem Nacherben dadurch ein Nachteil entsteht, ist der Vorerbe dem Nacherben zur Rechenschaft verpflichtet.

Wie wirkt sich die Vor- und Nacherbschaft auf das Pflichtteilsrecht aus?

Weil der Vorerbe durch die Vorerbschaft erheblichen Verpflichtungen ausgesetzt ist, besteht für ihn die Möglichkeit, die Vorerbschaft auszuschlagen  und stattdessen den Pflichtteil zu verlangen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei dem Vorerben auch um einen Pflichtteilsberechtigten handelt. Zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehören die Kinder, die Eltern sowie der Ehepartner des Erblassers. Schlägt der Vorerbe aus, so tritt automatisch der Nacherbfall ein, das heißt die Erbschaft geht auf den Nacherben über.

Wie wirkt sich die Vor- und Nacherbschaft auf die Erbschaftssteuer aus?

Im Erbfall muss zunächst der Vorerbe die Erbschaft versteuern. Tritt die Nacherbfolge ein, so muss jedoch auch der Nacherbe den Nachlass nochmals versteuern. Das führt dazu, dass der Nachlass doppelt versteuert werden muss. Insbesondere bei größeren Erbschaften kann dies zu erbschaftssteuerrechtlichen Nachteilen führen.

Wann ist die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft sinnvoll?

Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft bietet sich insbesondere dann an, wenn der Erblasser den Vorerben für den Fall seines Todes zunächst wirtschaftlich absichern will und aber trotzdem nach einer bestimmten Zeit den Nachlass schlussendlich an die Nacherben weitergeben möchte. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Verstorbene seinen Ehegatten finanziell absichern will und trotzdem erreichen möchte, dass sein Nachlass letztlich den eigenen Kindern zugutekommt. Daher wird die Vor- und Nacherbschaft bei Ehepaaren auch besonders häufig in gemeinschaftlichen Testamenten in Form der sogenannten „Trennungslösung“ angeordnet. Hier finden Sie unter anderem einen Beitrag zum häufigsten gemeinschaftlichen Testament, dem sogenannten Berliner Testament.

Daneben wird die Vor- und Nacherbschaft häufig auch in Kombination mit einer Testamentsvollstreckung als Instrument des Vermögensschutzes eingesetzt. Das betrifft insbesondere das Vererben von Unternehmen und Konstellationen, in denen die Ehegatten geschieden sind bzw. bereits neue Partner gefunden haben und mit diesen in „Patchwork“-Familien zusammenleben. Auch im sog. Behindertentestament oder Bedürftigentestament ist die Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge die Regel.

Unsere Fachanwältin für Erbrecht Verena Finkenberger berät Sie gerne zu der Frage, ob in Ihrem Fall die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft sinnvoll ist. Gerne unterstützen wir Sie auch bei der Erstellung Ihrer letztwilligen Verfügung.

Was sind die Alternativen zur Vor- und Nacherbschaft?

Im Rahmen des Ehegattentestaments kann anstatt einer Vor- und Nacherbschaft auch die sogenannte „Einheitslösung“ gewählt werden. Dabei ist der überlebende Ehegatte zunächst als Alleinerbe keinerlei Verfügungsbeschränkungen unterworfen. Beim Tod des überlebenden Ehegatten geht der noch vorhandene Nachlass an die Schlusserben, also meist die gemeinsamen Kinder der Ehepartner über. Ähnliche Regelungen können auch in einem Erbvertrag angeordnet werden.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den Nacherben direkt als Erben einzusetzen und den Vorerben über andere Konstellationen wirtschaftlich abzusichern. In Betracht kommt die Einräumung von Nutzungsrechten, beispielsweise ein Nießbrauch oder Wohnrecht an Immobilien.

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