
Welche Arten bzw. Varianten können zu einem Mitverschulden führen?
Sie haben einen Unfall durch Ihr Handeln mitverursacht oder sind durch Ihr Verhalten zumindest teilweise ursächlich für den entstandenen Schaden (Mitverursachung).
Sie haben nach dem Unfall nicht ausreichend darauf Rücksicht genommen den Schaden minimal zu halten, so dass der Schaden höher ausgefallen ist, als es bei Vorgehen mit der gebotenen Sorgfalt der Fall gewesen wäre. (Schadensminderungspflicht)
Wie sieht das konkret aus?
Besonders im Verkehrsrecht ist das Mitverschulden bei Verkehrsunfällen häufig ein Streitthema, mit dem sich die Gerichte im jeweiligen Einzelfall befassen müssen.
Beispiele bei denen ein Mitverschulden bzw. eine Teilkostenübernahme denkbar wären sind…
zu Variante 1)
Hat ein Fahrzeugführer die Vorfahrt missachtet und es kommt zur Kollision mit einem weiteren Fahrzeug ist eine Mitschuld des Fahrzeugführers des zweiten Fahrzeugs denkbar, wenn er beispielsweise mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war.
Zu Variante 2)
„Die Obliegenheiten zur Schadensminderung werden im Gesetz nicht konkret umschrieben; gesetzliche Konkretisierungen gibt es nur in Spezialgebieten, vor allem im Versicherungsrecht (zB §§ 62, 111, 122, 126, 183 VVG). Die Rspr. greift zur Umschreibung der Pflichten häufig nur allgemein auf Treu und Glauben zurück (vgl. BGH NJW 2022, 1674 Rn. 18; BGHZ 4, 170 (174) = NJW 1952, 299; BGH VersR 1965, 484 (487); NJW 1979, 495; 2021, 694 Rn. 7).
Hierher gehört auch die Pflicht zur Geltendmachung einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (s. aber § 839 Abs. 1 S. 2 BGB und § 19 Abs. 1 S. 2 BNotO). Jedoch muss der Geschädigte Rechte, die ihm gegenüber einem Dritten zustehen und dem verfolgten Anspruch gegen den Schädiger nicht gleichwertig sind, nicht ausüben, um den Anspruch gegenüber dem Schädiger gering zu halten (BGH NJW 2022, 1676 Rn. 18). Im Unterschied zur Warn- und Schadensabwendungspflicht ist ein Schaden bereits entstanden. Der Geschädigte soll im Rahmen des von einem vernünftigen und sorgfältigen Menschen zu Erwartenden dazu beitragen, dass der Schaden nicht unnötig groß wird. Welche Obliegenheiten dabei für den Geschädigten bestehen, lässt sich nur anhand von Fallgruppen konkretisieren.“
(BeckOK BGB/Lorenz, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 254 Rn. 30)
Ein Beispiel bei dem ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht läge demnach bspw. vor, wenn Sie einen durch einen Unfall beschädigten, aber bereits deutlich gebrauchten zehn Jahre alten PKW, der nicht scheckheftgepflegt ist und sich in durchschnittlichem für das Fahrzeugalter erwartbaren Zustand befindet, in der Fachwerkstatt des Fahrzeugherstellers instand setzen lassen. Angebracht wäre im konkreten Fall eher eine Reparatur bei einer freien Werkstatt durchführen zu lassen, was im Regelfall preiswerter ist. Natürlich können Sie das Fahrzeug bei der Werkstatt ihrer Wahl reparieren lassen, müssen aber ggf. einen Teil der Kosten selbst tragen.
Beweislast – Wer muss was beweisen?
Die Beweislast trägt die Partei, die sich auf das Mitverschulden des Unfallgegners beruft.
Wie ist die Rechtsprechung zu Mitverschulden?
Letztendlich muss, wie oben bereits angedeutet, häufig ein Richter über den Streitpunkt eines Mitverschuldens entscheiden. Hierzu kann das Gericht zudem einen Sachverständigen heranziehen, der im Gutachten klären soll, ob ein Mitverschulden technisch in Betracht kommt. Es bleibt jedoch dabei, dass es bei der Entscheidung, ob Mitverschulden vorliegt, darum geht, dass Menschen menschliches Verhalten beurteilen müssen.
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