
Welche Arten von Mindestabständen gibt es ?
Am bekanntesten ist die Regelung, dass ein Mindestabstand nach vorne notwendig ist. Es gibt jedoch auch gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstände, die die Seiten des Fahrzeugs betreffen. So müssen Sie beispielsweise beim seitlichen Vorbeifahren an geparkten Fahrzeugen oder beim Überholen eines Radfahrers einen bestimmten Seitenabstand einhalten. Dazu gleich mehr.
Wann liegt ein Abstandsverstoß nach vorne vor?
Für Pkw:
In der StVO werden keine konkreten Werte für den Mindestabstand nach vorne festgelegt. § 4 StVO schreibt lediglich vor, dass der Abstand so groß sein muss, dass Sie auch im Falle einer plötzlichen und starken Bremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig reagieren und Ihr Fahrzeug gefahrlos abbremsen können.
Bei den Regelungen zum Abstand nach vorne wird zwischen innerörtlichem und außerörtlichem Verkehr unterschieden. Innerhalb geschlossener Ortschaften sollte der Abstand mindestens der Strecke entsprechen, die in einer Sekunde zurückgelegt wird. Bei einer üblichen Geschwindigkeit von 50 km/h entspricht dies 50.000 Meter in 1 Stunde, das sind wiederum 3.600 Sekunden. Also 50.000 / 3.600 = 13,89 m – also etwa drei Pkw-Längen.
Außerhalb geschlossener Ortschaften ist ein größerer Mindestabstand erforderlich, der ungefähr der in zwei Sekunden zurückgelegten Strecke entsprechen sollte. Eine gängige Faustformel lautet: „halber Tacho in Metern“ – bei Tempo 80 km/h also mindestens 40 m Abstand. Auf Autobahnen dienen die Leitpfosten am Fahrbahnrand (in der Regel im Abstand von 50 m aufgestellt) als gute Orientierungshilfe zur Einschätzung des richtigen Abstands.
Für Lkw:
Aufgrund des hohen Gewichts ist das Gefahrenpotenzial, das von einem Lkw ausgeht, deutlich größer als bei einem Pkw mit gleicher Geschwindigkeit. Deshalb gelten für Lkw ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 t strengere Vorschriften: Ab einer Geschwindigkeit von 50 km/h muss ein Mindestabstand von mindestens 50 m eingehalten werden.
Besondere Bedingungen:
Die Vorschriften zum Mindestabstand gelten grundsätzlich für Fahrten unter guten Witterungsbedingungen. Bei Regen, Schnee, schlechter Sicht oder anderen Umständen, die die Reaktions- oder Bremszeit verlängern, muss der Abstand entsprechend vergrößert werden.
Wie viel mehr Abstand konkret eingehalten werden muss, ist nicht eindeutig festgelegt – die Distanz ist stets an die jeweiligen Bedingungen anzupassen. Bei starkem Regen ist selbstverständlich ein deutlich größerer Abstand erforderlich als bei leichtem Niederschlag. Aber auch bei leichtem Regen sollte der Abstand bereits über den in der StVO vorgeschriebenen Mindestwert hinausgehen.
Vorgeschriebener Seitenabstand laut StVO:
Auch der Seitenabstand ist in der StVO klar geregelt – abhängig vom Fahrzeugtyp und der Verkehrssituation. Entscheidend ist dabei oft die gefahrene Geschwindigkeit.
Folgende Mindestabstände zur Seite sind gesetzlich vorgeschrieben:
- 1,5 m zu einspurigen Fahrzeugen (z. B. Fahrräder, Motorräder) innerorts
- 2 m zu einspurigen Fahrzeugen außerorts
- 1 m zu parkenden Pkw oder Lkw am Straßenrand
- 2 m zu haltenden Schulbussen oder Linienbussen
Wie funktionieren Abstandsmessungen?
Es gibt verschiedene Verfahren zur Messung von Abstandsverstößen im Straßenverkehr.
Bei der mobilen Videoüberwachung erfolgt die Abstandsmessung in der Regel mithilfe einer Kamera, die in einem zivilen Polizeifahrzeug verbaut ist. Das Überwachungsfahrzeug ist selbst im fließenden Verkehr unterwegs und führt gezielt Messungen einzelner Fahrzeuge durch.
Wenn Sie durch ein solches Fahrzeug überprüft werden, erkennen Sie das häufig daran, dass Ihnen ein Fahrzeug über längere Zeit folgt. Wird ein Abstandsverstoß festgestellt, werden Sie in der Regel angehalten und direkt mit den entsprechenden Videoaufnahmen konfrontiert.
Auch eine stationäre Videoüberwachung wird häufig zur Kontrolle des Mindestabstands eingesetzt – vor allem auf Autobahnen. Typische Einsatzorte sind Brücken. Eine dort installierte Kamera überwacht den Bereich vor der Brücke (etwa 200–300 m) und registriert mögliche Abstandsverstöße. Besteht ein Anfangsverdacht, wird in der Regel ein Blitzer durch nahegelegenes Messpersonal ausgelöst, um den Abstandsverstoß dem jeweiligen Fahrzeugführer eindeutig zuordnen zu können.
Ein weiteres gängiges Verfahren ist die optische Abstandsmessung, auch bekannt als Laserentfernungsmessung. Ähnlich wie bei der Geschwindigkeitskontrolle kann mit einer Laserpistole auch der Abstand zwischen Fahrzeugen präzise gemessen und bei Verstößen geahndet werden.
Grundsätzlich gilt: Um mögliche Messungenauigkeiten auszugleichen, wird bei jeder Abstandsmessung ein Toleranzabzug berücksichtigt. Wie hoch dieser Toleranzwert ausfällt, hängt von der jeweils verwendeten Messmethode ab.
Was ist ein Abstandsverstoß rechtlich gesehen?
Rechtlich gesehen handelt es sich bei einem „normalen“ Abstandsverstoß zunächst um eine Ordnungswidrigkeit. Auch ohne technische Messung ist es jedoch grundsätzlich möglich, dass andere Verkehrsteilnehmer Strafanzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr stellen. Das kommt in der Praxis zwar selten vor, ist aber theoretisch möglich – allerdings schwer zu beweisen, wenn keine objektive Abstandsmessung vorliegt.
In besonders schweren Fällen kann ein Abstandsverstoß auch als vorsätzlich – statt fahrlässig – gewertet werden. Dann kann ebenfalls der Vorwurf der Nötigung im Straßenverkehr erhoben werden.
Ein Abstandsverstoß bei einer Geschwindigkeit von über 80 km/h wird rechtlich als A-Verstoß eingestuft – also als besonders schwerwiegendes Verkehrsvergehen. Zu den A-Verstößen zählen auch Delikte wie Unfallflucht oder Vorfahrtsmissachtung.
Mit welchen Konsequenzen muss ich bei einem Verstoß rechnen?
Wie oben bereits angesprochen, drohen bei einem Abstandsverstoß Bußgelder, Punkte im Fahreignungsregister, der Führerscheinentzug und – bei besonderer Schwere – eine Strafanzeige wegen „Nötigung im Straßenverkehr“. Ein Abstandsverstoß kann ein schwerwiegender Vorwurf sein, den Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten.
Unsere klare Empfehlung: Machen Sie gegenüber der Polizei von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht.
In vielen Fällen ist die Messung fehlerhaft oder wurde nicht unter Einhaltung aller vorgeschriebenen Vorgaben durchgeführt. Das kann dazu führen, dass die Messung für ungültig erklärt wird – besonders relevant, wenn ein hohes Bußgeld oder ein Fahrverbot im Raum steht.
Die Höhe des Bußgelds hängt sowohl von der Schwere des Verstoßes als auch von der gefahrenen Geschwindigkeit ab.
Bei einer Geschwindigkeit bis 80 km/h liegt das Bußgeld bei:
- 25,00 EUR, wenn der Mindestabstand unterschritten wird,
- 30,00 EUR, wenn dabei eine Gefährdung vorliegt,
- 35,00 EUR, wenn es zusätzlich zu einer Sachbeschädigung kommt.
Über 80 km/h unterscheidet der Bußgeldkatalog drei Kategorien:
Kategorie 1: Abstandsverstoß zwischen 80 und 100 km/h
Abstand im Verhältnis zum Tachowert geringer als … | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot (Monate) |
5/10 | 75,00 EUR | 1 | – |
4/10 | 100,00 EUR | 1 | – |
3/10 | 160,00 EUR | 1 | – |
2/10 | 240,00 EUR | 1 | – |
1/10 | 320,00 EUR | 1 | – |
Kategorie 2: Abstandsverstoß zwischen 100 und 130 km/h
Abstand im Verhältnis zum Tachowert geringer als … | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot (Monate) |
5/10 | 75,00 EUR | 1 | – |
4/10 | 100,00 EUR | 1 | – |
3/10 | 160,00 EUR | 2 | 1 |
2/10 | 240,00 EUR | 2 | 2 |
1/10 | 320,00 EUR | 2 | 3 |
Kategorie 3: Abstandsverstoß über 130 km/h
Abstand im Verhältnis zum Tachowert geringer als … | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot (Monate) |
5/10 | 100,00 EUR | 1 | – |
4/10 | 180,00 EUR | 1 | – |
3/10 | 240,00 EUR | 2 | 1 |
2/10 | 320,00 EUR | 2 | 2 |
1/10 | 400,00 EUR | 2 | 3 |
(Stand 10/2023)
Was passiert bei einem Abstandsverstoß in der Probezeit?
Wie oben bereits erklärt, werden Abstandsverstöße bei Geschwindigkeiten über 80 km/h rechtlich als schwerwiegende A-Verstöße eingestuft. Dementsprechend gravierend sind auch die Konsequenzen, die ein Abstandsverstoß in der Probezeit haben kann.
Die Probezeit verlängert sich von den üblichen 24 Monaten auf 48 Monate, und Sie als Fahranfänger müssen verpflichtend an einem Aufbauseminar teilnehmen. Erfolgt dies nicht, droht der vollständige Führerscheinentzug.
Was sind mögliche Fehlerquellen bei der Messung?
Pauschal lässt sich das nicht sagen, da mögliche Fehlerquellen je nach Messmethode und verwendetem Messgerät variieren.
Typische Angriffspunkte, die in der anwaltlichen Prüfung häufig überprüft werden, sind beispielsweise:
Ob das eingesetzte Messgerät zum fraglichen Zeitpunkt über eine gültige Eichung verfügte und ob der Betrieb des Geräts gemäß den Herstellervorgaben erfolgte – etwa hinsichtlich der vorgeschriebenen Abstände und der korrekten Platzierung.
Wie kann ich gegen einen Bußgeldbescheid vorgehen?
Wenn Ihnen ein Abstandsverstoß zur Last gelegt wird, gegen den Sie vorgehen möchten, sollten Sie idealerweise wie folgt vorgehen:
- Machen Sie zunächst von Ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und machen Sie keine Angaben zum Sachverhalt. Belasten Sie sich nicht selbst.
- Kontaktieren Sie im nächsten Schritt einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Ihr Anwalt kann in Ihrem Namen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen und Akteneinsicht in die Bußgeldakte beantragen.
Abstandsmessungen bieten – unabhängig von der verwendeten Methode – verschiedene mögliche Fehlerquellen und Angriffspunkte, mit denen Ihr Anwalt vertraut ist. Diese wird er für Sie sorgfältig prüfen.
Sollten sich in der Akte stichhaltige Argumente finden, kann gezielt weiter gegen den Bußgeldbescheid vorgegangen werden.
Sollten Sie eine juristische Prüfung Ihres konkreten Falls wünschen, kontaktieren Sie uns gerne.