Haftentschädigung zu Unrecht Inhaftierter

StrafverteidigerDie Entschädigung zu Unrecht Inhaftierter

Bereits der in unserer Verfassung vorausgesetzte Grundsatz „in dubio pro reo“ (zu Deutsch: Im Zweifel für den Angeklagten) soll verhindern, dass jemand schuldlos verurteilt und folglich möglicherweise in einer Justizvollzugsanstalt einsitzen muss. Aber auch lange vor einer Urteilsverkündung, noch vor einem Prozess im Stadium der Ermittlungen, ist es möglich aufgrund von Untersuchungshaft einer Inhaftierung ausgesetzt zu werden. Was passiert aber, wenn sich während der Inhaftierung herausstellt, dass diese völlig zu Unrecht verhängt wurde?

Entschädigung nach ungerechtfertigter Haft?

Steht fest, dass dem Inhaftierten zu Unrecht die Freiheit entzogen wurde, so kommt grundsätzlich eine Entschädigung in Geld nach dem Strafverfolgungsentschädigungsgesetz (StrEG) in Betracht.

In welchem Umfang kann eine Entschädigung erwartet werden?

Der Umfang des Entschädigungsanspruchs gegen den Staat richtet sich nach dem Einzelfall und kann teilweise stark divergieren. Grundsätzlich erhält der Betroffene eine Pauschale von 25,- EUR/Tag. Bis vor einigen Jahren waren es sogar bloß 11,-EUR/Tag. Da eine so zweifelsohne geringe Entschädigung zu Unrecht Inhaftierten oftmals nicht ausreichend genüge tut, kann der Anspruch im Einzelfall deutlich anwachsen. Deshalb ist der Betroffene darüber hinaus im Hinblick auf sein Vermögen so zu stellen, wie er ohne ungerechtfertigte Inhaftierung stehen würde. Das Gesetz nennt dies den „durch die Strafverfolgung entstandenen Vermögensschaden“. Der Schaden muss hierbei durch Strafverfolgungsmaßnahmen eingetreten sein. Beruht der Schaden auf dem Ermittlungsverfahren ist er nicht ersatzfähig. Die einzelnen Schäden haben dabei ebenfalls die so genannten Bagatellgrenze von 25,- EUR zu übersteigen, um überhaupt Berücksichtigung finden zu können. Schäden, die wertmäßig darunter stehen werden also gar nicht ersetzt.

Welche Vermögensschäden sind durch die Strafverfolgung entstanden?

Hat der Betroffene aufgrund von Untersuchungshaft den Arbeitsplatz verloren, stellt dies einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar. Auch ein Arbeitsplatzverlust wegen der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis kann in Betracht kommen. Wegen dem zuvor genannten Erfordernis, der Kausalität des Schadens (“muss aufgrund von Strafverfolgungsmaßnahmen eingetreten sein”), kann für den Verlust des Arbeitsplatzes nur eine Entschädigung begehrt werden, wenn die Kündigung wegen der fehlenden Arbeitskraft erfolgte. Wurde dem Betroffenen dagegen aufgrund eines Rufschadens gekündigt, entfällt hier deshalb schon ein Anspruch. Ersatzfähig ist insoweit der gesamte Verdienstausfall. Allerdings sollte der Betroffene gegen eine „haftbedingte“ Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Ist die Kündigung nämlich nicht rechtmäßig, weil der Arbeitgeber beispielsweise kein solches Kündigungsrecht hatte, so kann es an der erforderlichen Kausalität zwischen Haft und Vermögensschaden fehlen. In diesem Fall wäre eine Entschädigung ausgeschlossen.

Ebenfalls ersatzfähig sind notwendige Auslagen, wie etwa Anwaltskosten gegen Strafverfolgungsmaßnahmen. Denn auch hier gilt: Wäre der Betroffene nicht zu Unrecht inhaftiert, hätte er deshalb keinen Anwalt beauftragen müssen. Auch Unterbringungs- und Folgekosten für ein Haustier sind ersatzfähig. Bei der Sicherstellung und Verwahrung eines Kraftfahrzeugs kommt ein Nutzungsausfallschaden in Betracht. Hierbei handelt es sich nämlich um ein Lebensgut, dessen ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Darunter fällt auch die Mietwohnung. Kosten für Therapien, die aufgrund von Haftschäden nötig wurden, sind ebenso ersatzfähiger Vermögensschaden.

Erhalte ich als zu Unrecht Inhaftierter immer eine Entschädigung?

Unter Umständen gibt es keine entsprechende Entschädigung! So hat der Betroffene bereits keinen Entschädigungsanspruch, wenn er seine Inhaftierung vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Grobe Fahrlässigkeit ist hierbei beispielsweise zu bejahen, wenn der Beschuldigte trotz seiner Unschuld ein Geständnis abgelegt hat. Auch eine Flucht ins Ausland begründet ein grob fahrlässiges Verhalten. Dieses ist immer dann anzunehmen, wenn der Beschuldigte in besonderem Maße seine Sorgfaltspflicht vernachlässigte. Auch das Nichterscheinen zu einer richterlichen Ladung steht einem solchen Anspruch bereits entgegen.

Welche Entschädigungssummen gibt es im Ausland?

Während in Deutschland genau festgeschrieben ist, wie viel Geld ein zu Unrecht Inhaftierter pauschal beanspruchen kann, fehlt es im Ausland überwiegend an solchen Regelungen. Im Nachbarland Österreich hat sich die Verwaltungspraxis eingebürgert einen Tag mit rund 100,- EUR zu entschädigen. Auch in Luxemburg und den Niederlanden belaufen sich der Tagessatz auf jeweils zwischen 25,- EUR bis zu 200,- EUR. In den USA hat ein kalifornisches Gericht in jüngster Vergangenheit einem zu Unrecht Inhaftierten eine Entschädigungssumme von umgerechnet rund 20 Millionen Euro zugesprochen. Der Betroffene saß wegen eines Mordes dort 39 Jahre lang schuldlos im Gefängnis. Nach der 25,- EUR/Tag Regelung in Deutschland hätte der ehemals Inhaftierte lediglich einen Betrag in Höhe von rund 355.000, – EUR erwarten können.

Könnte ich dann nicht besser im Ausland die Entschädigung einklagen?

Den Entschädigungsanspruch im Ausland einzuklagen scheint verlockend. Dies ist allerdings nicht möglich. Grundsätzlich ist für den Entschädigungsanspruch das Gericht zuständig, das auch die Freiheitsentziehung angeordnet hat. Ist dies kein ausländisches Gericht gewesen, ist auch eine Klage bei einem ausländischen Gericht hiernach unmöglich.

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