
Gilt die DSGVO auch für Verstorbene?
Nach Erwägungsgrund 27 der DSGVO gilt die Verordnung ausdrücklich nicht für personenbezogene Daten Verstorbener. Das bedeutet: Die DSGVO selbst schützt nur Daten lebender natürlicher Personen. Der europäische Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, Datenschutzrechte über den Tod hinaus verbindlich zu regeln.
Allerdings können die Mitgliedstaaten nationale Regelungen erlassen, die einen gewissen Datenschutz über den Tod hinaus ermöglichen. In Deutschland findet sich eine solche Regelung nicht im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), jedoch existieren im spezialgesetzlichen Kontext gewisse Schutzmechanismen (z. B. postmortales Persönlichkeitsrecht).
Postmortaler Persönlichkeitsschutz von Daten Verstorbener und informationelle Selbstbestimmung
Auch wenn die DSGVO nach dem Tod nicht greift, bedeutet dies nicht, dass mit dem Tod jede Schutzwirkung personenbezogener Daten endet. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht – insbesondere in seiner Ausprägung als postmortales Persönlichkeitsrecht – bleibt über den Tod hinaus wirksam.
So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass auch Verstorbene gegen eine grobe Entstellung ihres Lebensbildes geschützt werden müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.04.2001 – 1 BvR 932/94). Aus diesem Urteil kann geschlussfolgert werden, dass auch die Offenlegung sensibler persönlicher Daten eines Verstorbenen untersagt ist, wenn dadurch das Ansehen oder die Würde des Verstorbenen beeinträchtigt wird.
Zudem können Angehörige in ihrer Rolle als Totenfürsorgeberechtigte bestimmte datenschutzähnliche Rechte geltend machen, z. B. gegenüber Ämtern, Friedhofsträgern, Banken oder digitalen Dienstleistern.
Digitale Nachlassverwaltung und datenschutzrechtliche Fragen
Besondere Bedeutung gewinnt der Datenschutz nach dem Tod im Bereich des digitalen Nachlasses. So stellen sich Fragen wie:
- Wer darf auf E-Mail-Konten oder Social-Media-Profile zugreifen?
- Dürfen Plattformbetreiber Daten löschen oder weitergeben?
- Müssen Provider Angehörigen Zugang gewähren?
Die Rechtsprechung hat dazu inzwischen erste Klarstellungen getroffen. Das Urteil des BGH vom 12. Juli 2018 (Az. III ZR 183/17) zum digitalen Nachlass ist wegweisend: Der digitale Nachlass sei vererblich, und Erben hätten grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu Nutzerkonten und digitalen Inhalten – genauso wie zu analogen Briefen oder Tagebüchern.
In diesem Zusammenhang haben auch Plattformbetreiber – trotz fehlender Anwendung der DSGVO – datenschutzrechtliche Sorgfaltspflichten. Sie müssen etwa prüfen, ob ein gültiger Erbschein vorliegt, bevor sie Daten weitergeben oder Konten freigeben.
Praktische Empfehlungen für Angehörige und Verantwortliche
Für Angehörige oder bevollmächtigte Personen stellen sich nach dem Tod zahlreiche praktische Fragen zum Umgang mit Daten der verstorbenen Person wie:
- Zugriffsrechte prüfen
Liegen Vollmachten oder digitale Nachlassregelungen vor? Gibt es ein Testament, das sich zur Datenverwaltung äußert? - Konten sichten und sichern
Bei E-Mail-Konten, Cloud-Diensten oder sozialen Netzwerken sollte frühzeitig Kontakt mit dem Anbieter aufgenommen werden, um Missbrauch und Datenverlust zu verhindern. - Erbnachweis vorlegen
Um auf Daten oder Nutzerkonten zugreifen zu können, ist oft ein Erbschein oder ein notariell eröffnetes Testament erforderlich. - Löschung oder Deaktivierung verlangen
Anbieter wie Facebook, Google oder Apple bieten eigene Verfahren zur Kontolöschung im Todesfall an. Die Antragstellung erfolgt in der Regel durch Erben oder nahe Angehörige.
Fazit
Die DSGVO schützt zwar nur lebende Personen, doch der Umgang mit den Daten Verstorbener bleibt rechtlich und ethisch hochrelevant. Erben, Angehörige und Dienstleister stehen in der Pflicht, mit den Daten respektvoll, sicher und rechtmäßig umzugehen. In der Praxis treten jedoch immer wieder Unsicherheiten auf – insbesondere bei digitalen Daten, Online-Konten und Cloud-Diensten.
Bei Fragen oder Unterstützungsbedarf wenden Sie sich gerne an unsere Anwälte Ingo Hochheim und Sophia Laas unter info@steinbock-partner.de. Wir vereinbaren mit Ihnen gerne ein persönliches Gespräch – auf Wunsch auch per Videokonferenz. Selbstverständlich sind wir auch telefonisch für Sie erreichbar.