Was sind hier die gesetzlichen Grundlagen?
Im Rahmen des Kündigungsschutzgesetz ist es der § 11 KSchG. Weitgehend inhaltsgleich ist es allgemein im BGB der § 615 Satz 2 BGB.
Wann unterlässt der Arbeitnehmer böswillig anderweitigen Verdienst?
Hierzu gibt es verschiedene Urteile.
- wenn sich ein Arbeitnehmer vorsätzlich mit einer zu niedrigen Vergütung zufrieden gibt.
- oder sogar vorsätzlich untätig bleibt.
- eine zumutbare Arbeit wird nicht aufgenommen oder sogar bewusst verhindert
Da es sich bei den Gesetzen um Billigkeitsregelungen handelt, sind immer die konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen.
Kann der Arbeitnehmer nicht einfach „Scheinbewerbungen“ abgeben, zum Beispiel bei der Bewerbung darauf hinweisen, dass er verpflichtet ist, sich zu bewerben o.ä.?
Davon ist ihm abzuraten. Der Arbeitnehmer ist bei seiner Bewerbung gehalten, alles zu unterlassen, was der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses nach außen hin erkennbar entgegenläuft und den Arbeitgeber veranlasst, ihn schon vor einer persönlichen Vorstellung aus dem Bewerberkreis auszuscheiden. In der Entscheidung 5 AZR 177/ 23 war genau dies der Fall, der Arbeitnehmer erklärte, „Er werde einem potentiellen Arbeitgeber aber bei Bewerbungen – noch vor einem Vorstellungsgespräch – mitteilen, dass ein Gerichtsverfahren mit dem letzten Arbeitgeber laufe und er unbedingt dort weiterarbeiten wolle.“
=> Kann der Arbeitgeber solche Bewerbungen vorweisen, läuft der Arbeitnehmer Gefahr, keinen Annahmeverzugslohn mehr zu erhalten.
Wann ist denn eine andere Arbeit „zumutbar“?
Hier spielen wiederum verschiedene Faktoren hinein,
- die Art der Arbeit
- Entfernung der Arbeitsstätte
- Arbeitszeit
- Verdienst im Verhältnis zum bisherigen
u.a. Konkret zum Verdienst: Die Umzumutbarkeit folgt nicht allein schon aus einem geringeren Verdienst. Eine Tätigkeit allerdings, bei der der Arbeitnehmer weniger verdienen würde als sein Arbeitslosengeld I, ist laut BAG nicht zumutbar. Es ist nicht vorwerfbar, wenn der Arbeitnehmer sich für die ihm zustehende öffentlich-rechtliche Leistung entscheidet, diese stellt ihn ja finanziell besser.
Insgesamt kann gesagt werden, dass der Arbeitnehmer eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nicht hinnehmen muss.
Was gilt für das Wettbewerbsverbot?
Dieses gilt grundsätzlich weiter. Die Aufnahme einer Beschäftigung bei einer Konkurrenz des bisherigen Arbeitgebers ist schon aus diesem Grund unzumutbar – es sei denn, der Arbeitgeber verzichtet explizit auf das Wettbewerbsverbot
Macht es für den Arbeitgeber Sinn, dem Arbeitnehmer ebenfalls offene Stellen aufzuzeigen?
Ja. Dies kann die Aussichten im Prozess deutlich verbessern. Der Arbeitgeber sollte dann im Annahmeverzugsprozess darlegen und im Streitfall auch beweisen, dass er dem Arbeitnehmer geeignete Stellenangebote übermittelt hat. Mit diesen hat sich der Arbeitnehmer – im zumutbaren Rahmen – auseinanderzusetzen und sich zu bewerben. Hierzu hat sich der Arbeitnehmer zu erklären und darzulegen, was er unternommen hat.
Wer ist im Prozess darleguns- und beweispflichtig?
In Prozessen gilt, dass jede Seite für die für sie günstigen Tatsachen darleguns- und beweispflichtig ist. Da die Gesetze Einwendungen enthalten, die für den Arbeitgeber günstig wären, weil sie dem Annahmeverzugsanspruch des Arbeitnehmers entgegen stehen würden, trägt dieser die Darlegungs- und Beweislast. Er muss also darlegen, dass es Beschäftigungsmöglichkeiten gab. Er hat allerdings einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitnehmer in Bezug auf die Vermittlungsbemühungen der Agentur, BAG, 27.05.2020 – 5 AZR 387/19
Die Konstellationen zum Annahmeverzug im Arbeitsrecht und eben der Frage, ob anderweitiger Verdienst böswillig unterlassen wurde, sind vielfältig. Hier können wir Ihnen jederzeit helfen. Haben Sie Fragen zu Ihrem konkreten Fall? Wir beraten Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber gleichermaßen gerne. Sie erreichen uns telefonisch oder per Mail: info@steinbock-partner.de. Unser Team im Arbeitsrecht freut sich auf Ihren Anruf.