Schadensersatz bei Skiunfall – Rechtsanwalt klärt auf

Der Skisport erfreut sich hierzulande nach wie vor enorm großer Beliebtheit. Millionen Deutsche zieht es daher in die eigenen Skigebiete oder in die unserer Nachbarländer. Zu einem bösen Erwachen kommt es allerdings, wenn auf der Piste ein Unfall passiert. Dann stellen sich die Haftungsfragen und wer bei einem Skiunfall eigentlich zahlen muss. In dem Beitrag von unserem Experten für Schadensrecht, Rechtsanwalt Dr. Alexander Lang, erfahren Sie alles zum Thema Skiunfall und wer den dadurch entstehenden Schaden bezahlen muss.

Habe ich bei einem Skiunfall Anspruch auf Schadensersatz?

Grundsätzlich besteht bei einem Skiunfall stets ein Anspruch auf Schadensersatz. Denn sofern Sie als geschädigte Personen einen körperlichen Schaden durch den Unfall genommen haben, haben Sie auch einen Schadensersatzanspruch. Vom Schadensersatz sind alle Schäden erfasst, die in Zahlen genau bezifferbar sind. Darunter fallen beispielsweise Behandlungskosten.
Anspruchsgrundlage hierfür ist nach deutschem Recht § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Voraussetzung für diese Norm ist, dass der Schädiger schuldhaft, also vorsätzlich oder fahrlässig, Ihre körperliche Gesundheit geschädigt hat. Wichtig ist zudem, dass dies auf einem kausalen Verhalten beruht. Dies bedeutet, dass der Schaden ohne das Verhalten des Schädigers nicht entstanden wäre. Nur so können mögliche Ansprüche durchgesetzt werden.
Darüber hinaus besteht für Geschädigte auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld. Dadurch sollen alle Schäden ausgeglichen werden, die nicht in Geld zu beziffern sind.
Wie hoch das Schmerzensgeld ausfällt, richtet sich stets nach den individuellen Gegebenheiten. Eine erste Orientierung bieten aber oftmals sogenannte Schmerzensgeldtabellen. Diese sind eine Sammlung von Gerichtsentscheidungen, die bereits zu Skiunfällen ergangen sind.

Der Tabelle können Sie beispielhaft entnehmen, wie hoch das Schmerzensgeld bei bestimmten Verletzungen ausfallen kann:

Art der Verletzung Höhe des Schmerzensgeldes Entscheidendes Gericht
5 Tage Intensivstation, Wirbelkörperfraktur, Rippenserienfraktur 40.000 Euro Urteil des LG Ravensburg vom 23.03.2006
Rippenserienfraktur, Milzruptur, Verletzung des rechten Daumens 11.500 Euro Urteil des OLG Stuttgart vom 19.06.2013
Schlüsselbeinfraktur 7.500 Euro Urteil des LG München vom 05.08 2010
Kreuzband- und Seitenbandriss sowie eine Verletzung des Innen- und Außenmeniskus 7.000 Euro Urteil des LG Frankental vom 17.11.2020
Sprunggelenkfraktur 5.000 Euro Urteil des LG Deggendorf vom 12.11.2014
Fraktur im linken Schienbein und eine Etagenfraktur des linken Wadenbeines 4.800 Euro Urteil des LG Coburg vom 22.01.2007

Wie wird die Schuldfrage bei Skiunfällen geklärt?

Damit die Schuldfrage und somit auch die Frage geklärt werden kann, wer bei Skiunfällen zahlen muss, werden die sogenannten FIS-Regeln herangezogen. Dies sind allgemeine Verhaltensregeln für Skifahrer, Snowboarder aber auch Skilangläufer und Rodler. Beschlossen wurden diese bereits 1967.
Die Regeln gelten dabei weltweit auf allen Skipisten und haben als oberstes Gebot das „Gebot der Rücksichtnahme„. Sie sind beispielsweise in Deutschland eine Konkretisierung der allgemeinen Sorgfaltspflicht. Dadurch hat die skifahrende Person ihr Verhalten stets den jeweiligen Umständen anzupassen und die erforderliche Sorgfalt zu beachten.

Die FIS-Regeln für Skifahrer und Snowboarder

  1. Rücksichtnahme auf die anderen Skifahrer und Snowboarder: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
  2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
  3. Wahl der Fahrspur: Der von hinten kommende Skifahrer und Snowboarder muss seine Fahrspur so wählen,
    dass er vor ihm fahrende Skifahrer und Snowboarder nicht gefährdet.
  4. Überholen: Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder von links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer oder Snowboarder für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
  5. Einfahren, Anfahren und hangaufwärts Fahren: Jeder Skifahrer und Snowboarder, der in eine Abfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
  6. Anhalten: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer oder Snowboarder muss eine solche Stelle so
    schnell wie möglich freimachen.
  7. Aufstieg und Abstieg: Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
  8. Beachten der Zeichen: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss die Markierung und die Signalisation beachten.
  9. Hilfeleistung: Bei Unfällen ist jeder Skifahrer und Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet.
  10. Ausweispflicht: Jeder Skifahrer und Snowboarder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.

Die FIS-Regeln für Skilangläufer

  1. Rücksichtnahme auf die anderen Langläufer
  2. Markierungen und Signale (Hinweisschilder) sind zu beachten. Auf Loipen und Pisten ist in der angegebenen Richtung und Lauftechnik zu laufen.
  3. Auf Doppel- und Mehrfachspuren muss in der rechten Spur gelaufen werden. Langläufer in Gruppen müssen in der rechten Spur hintereinander laufen. In freier Lauftechnik ist auf der Piste rechts zu laufen.
  4. Überholt werden darf rechts oder links. Der vordere Läufer braucht nicht auszuweichen. Er sollte aber ausweichen, wenn er es gefahrlos kann.
  5. Bei Begegnungen hat jeder nach rechts auszuweichen. Der abfahrende Langläufer hat Vorrang.
  6. Beim Überholen, Überholtwerden und bei Begegnungen sind die Stöcke eng am Körper zu führen.
  7.  Jeder Langläufer muss, vor allem auf Gefällstrecken, Geschwindigkeit und Verhalten seinem Können, den Geländeverhältnissen, der Verkehrsdichte und der Sichtweite anpassen. Er muss einen genügenden Sicherheitsabstand zum vorderen Läufer einhalten. Notfalls muss er sich fallen lassen, um einen Zusammenstoß zu verhindern.
  8. Wer stehen bleibt, tritt aus der Loipe/Piste. Ein gestürzter Langläufer hat die Loipe/ Piste möglichst rasch freizumachen.
  9. Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet.
  10. Ausweispflicht: Jeder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines
    Unfalles seine Personalien angeben.

Zahlt die Versicherung bei einem Skiunfall?

Sofern es zu einem Schaden kommt, muss entweder der Verursacher oder seine Privathaftpflichtversicherung für die Schäden aufkommen. Damit die gegnerische Versicherung bereit ist Ihre Schäden zu kompensieren, müssen Sie nachweisen, dass diese auf einem Verhalten des Schädigers beruhen. Denn Sie tragen bei einem Anspruch nach § 823 BGB die Beweislast.
Relevant können daher Angaben von Beteiligten, Zeugen oder sogar dem Rettungspersonal sein. Denn oftmals spielen Witterungs- und Schneeverhältnisse eine große Rolle bei der Frage, wer nach einem Skiunfall zahlen muss. Dementsprechend müssen sowohl das Unfallgeschehen als auch die Unfallfolgen umfassend dokumentiert werden. Nur so kann eine angemessene Entschädigungssumme verlangt werden.

Ich hatte einen Skiunfall im EU-Ausland – Welches Recht ist anwendbar?

Insbesondere bei Skifahrern ist die Haftungsfrage in der Regel äußerst kompliziert. Denn häufig passiert der Unfall im Urlaub in einem anderen Land. Es stellt sich dann die Frage, welches Recht überhaupt anwendbar ist.
Haben Unfallverursacher und Geschädigter beide die deutsche Staatsangehörigkeit, so findet deutsches Recht Anwendung. Dabei spielt es keine Rolle, wo sich der Unfall ereignet hat. All dies ist Frage des internationalen Privatrechts, genauer genommen von Artikel 4 Absatz 1 Rom II Verordnung. Fehlt es beispielsweise an der gemeinsamen Nationalität, so kommt das Recht des Landes zum Tragen, in dem der Skiunfall stattgefunden hat.

Was passiert, wenn ein Kind den Unfall verursacht hat? Gelten dann trotzdem die FIS-Regeln?

Insbesondere Skiunfälle mit Kindern sind überaus kompliziert. Denn hier kommt es stets auf den Einzelfall an.
Bis zum siebten Lebensjahr sind Kinder gemäß § 828 BGB nicht für Schäden verantwortlich, die sie anderen zufügen. In Betracht kommt dann nur eine Haftung der Eltern. Haben diese allerdings ihr Kind nachweislich gut auf das Skifahren vorbereitet und auch keine sonstigen Aufsichtspflichten verletzt, geht der Geschädigte leer aus. Die FIS- Regeln bleiben dann unangewendet.
Sind die Kinder älter als sieben Jahre alt, so hängt die Haftung von der ausreichenden Reife des Kindes ab. Zwischen sieben und 17 Jahren haftet ein Kinder nur dann, sofern es hätte erkennen können, dass es an einer unübersichtlichen Stelle beispielsweise langsam fahren muss. Als Faustregel gilt dabei: Je geringer das Alter und je höher die Gefahrenlage, desto stärker muss das Kind beaufsichtigt werden. 

Kompetente Beratung durch unsere Rechtsanwälte für Versicherungsrecht

In versicherungsrechtlichen Fragestellungen sind wir gerne mit unserem Team Versicherungsrecht kompetent an Ihrer Seite. Sofern Sie einen Skiunfall erlitten haben, klären wir Sie gerne darüber auf, welche Ansprüche Ihnen zustehen. Rechtsanwalt Dr. Lang berät seine Mandanten bereits seit Jahren im Bereich der Personenschäden und des Versicherungsrechts. Dass er ebenfalls das Medizinrecht betreut, kommt hierbei dem Mandanten sehr zugute, da die entsprechenden Kenntnisse für die Auswertung der ärztlichen Berichte unerlässlich sind.
Ergänzend stehen mit dem ebenfalls auf Personenschäden spezialisierten Rechtsanwalt Christoph Hamann und der auf Sozialrecht spezialisierten Rechtsanwältin Ines Heck weitere Kollegen zur Verfügung, die bei Spezialfragen hinzugezogen werden können. Wir bieten den Geschädigten daher eine umfassende Betreuung durch ein Team von Spezialisten.

Über das anwaltliche Honorar wird individuell mit Ihnen und abhängig von der rechtlichen Fragestellung, der Schwierigkeit und dem Umfang Ihrer Angelegenheit in einem gemeinsamen Beratungsgespräch entschieden. Falls keine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist, kommt je nach Fall auch eine erfolgsbezogene Vergütung in Betracht.

Vereinbaren Sie für Ihr Anliegen einfach ein Gespräch, das dank unserer technischen Ausstattung auch telefonisch oder online durchgeführt werden kann. Darüber hinaus können Sie auch gerne unseren kostenlosen Rückruf-Service nutzen.