Betriebsgefahr

Kommt es zu einem Verkehrsunfall, so muss geklärt werden, wer die Schuld am Unfall trägt. Dafür von großer Bedeutung ist die sogenannte Betriebsgefahr. Doch was bedeutet dieser Begriff überhaupt, welche Auswirkungen hat das Fahrzeug auf die Betriebsgefahr und was versteht man unter der Gefährdungshaftung? Wir klären hier alle Fragen rund um das Thema Betriebsgefahr:

Was ist die Betriebsgefahr?

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass von jedem Teilnehmer im Straßenverkehr eine abstrakte Gefahr ausgeht, die sogenannten Betriebsgefahr. Damit ist grundsätzlich nur gemeint, dass sowohl Fahrer als auch Halter für für die Gefahren haften, die sich aus dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges für andere ergeben.

Wie hoch diese (Betriebs-) Gefahr ist, hängt vom jeweiligen Fahrzeug ab. So geht von einem Tanktransporter beispielsweise eine höhere Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer aus, als von einem Smart. Ähnliches gilt bei einem Wohnmobil.

Relevante Kriterien für die Betriebsgefahr sind dabei:

  • Fahrzeuggewicht
    Das Fahrzeuggewicht hat eine große Bedeutung für die Betriebsgefahr. Denn je schwerer das Fahrzeug, desto länger benötigt es zum bremsen. Dementsprechend ist auch von einer erhöhten Betriebsgefahr auszugehen.
  • Fahrzeuggröße
    Grundsätzlich kann man sagen, die Fahrzeuggröße beeinflusst ebenfalls massiv die Betriebsgefahr. Denn abstehende Teile eines Fahrzeugs oder auch besondere Formen erzeugen auch besondere Gefahren für andere Teilnehmer im Verkehr. Das Oberlandesgericht Hamm befand zum Beispiel, dass die kastenförmige Bauweise und Frontbügel eines Geländewagens das Verletzungsrisiko bei Kollisionen mit Personen erhöht. Dementsprechend sei dort auch eine höhere Betriebsgefahr gegeben, so die Richter.
  • Fahrzeugbeschaffenheit
    Auch die Fahrzeugbeschaffenheit spielt für die Betriebsgefahr eine große Rolle. Inwiefern sich die Betriebshaftung eines normalen PKW von der eines Elektrofahrzeuges unterscheidet erfahren Sie hier.

Was versteht man unter der Gefährdungshaftung?

Mit einer Gefährdungshaftung ist grundsätzlich nur ein verschuldensunabhängiger Tatbestand gemeint. Das heißt, dass man für eine Tatsache haftet, ob man Schuld an dieser hatte oder nicht. Man haftet für die bloße Tatsache, dass sich das dem Fahrzeug anhaftende Risiko realisiert ist.

So ist die Betriebsgefahr ein Beispiel für eine Gefährdungshaftung. Hier haftet man für die Schäden, die sich aus der Gefahr ergeben, dass ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr betrieben wird. Ähnliches gilt beim Halten eines Tieres.
Hintergrund einer Gefährdungshaftung, wie der Betriebsgefahr, ist der Schutzgedanke gegenüber Schwächeren. Denn wer sein Fahrzeug durch die Anmeldung in den Verkehr bringt, der erzeugt automatisch auch die Gefahr eines Verkehrsunfalls.

Welche Bedeutung hat die Gefährdungshaftung für den Halter eines Kraftfahrzeuges?

Die Haftung bei Kraftfahrzeugen ist ein besonders strenges Beispiel einer Gefährdungshaftung. So haftet der Halter eines Kraftfahrzeuges gemäß §7 Absatz 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) grundsätzlich für alle Schäden, die durch sein Fahrzeug entstehen. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Halter das Fahrzeug gar nicht gefahren hat.

Die Gefährdungshaftung des Halters wird an einem Beispiel besonders deutlich:

Sie leihen einem Bekannten Ihr Fahrzeug, mit welchem er in eine Verkehrskontrolle gerät. Aufgrund fehlender Winterreifen, leitet die zuständige Behörde ein Bußgeldverfahren ein. Dieses wird allerdings sowohl gegen Sie, als auch gegen den Fahrzeugführer, Ihren Bekannten, eingeleitet. Denn Sie werden dafür belangt, dass Sie das Fahrzeug nicht so halten, wie es bei den Witterungsbedingungen vorgeschrieben wäre.

Der Fahrzeugführer wird dafür belangt, dass er das Fahrzeug nicht mit den entsprechenden Reifen bewegt hat. Es gibt folglich eine Doppelbestrafung für Fahrzeugführer und Fahrzeughalter.

Aber auch für mit dem Fahrzeug verursachte Schäden kann der Halter in Anspruch genommen werden, obwohl er nicht selbst gefahren ist.

Kann ich nur durch die erhöhte Betriebsgefahr eines Fahrzeugs Mitschuld an einem Verkehrsunfall haben?

Die Betriebsgefahr ist eine verschuldensunabhängige Haftung. Dies bedeutet, selbst wenn ein Unfallbeteiligter gar nicht ursächlich für den Zusammenstoß war, kann unter Umständen aufgrund der Betriebsgefahr trotzdem ein Abzug bei der Haftungsquote entstehen. In der Regel beträgt diese Mithaftung zwischen 20 und 30 Prozent der Schadenssumme. Dies hat aber auch zur Folge, dass man als Geschädigter eventuell nicht den vollen Schaden geltend machen kann. Denn von einem selbst geht noch immer die eigene Betriebsgefahr aus.

Liegt eine Betriebsgefahr auch bei haltenden oder parkenden Fahrzeugen vor?

Die Frage, bis zu welchem Stadium die Betriebsgefahr gilt, beschäftigt schon seit Jahrzehnten die deutschen Gerichte. Wichtig ist zu sagen, dass, sofern man den Motor ausschaltet oder man das Fahrzeug verlässt, die Betriebsgefahr nicht automatisch erlischt.

Die Betriebsgefahr gilt für alle Fahrzeuge, die sich im öffentlichen Verkehrsraum befinden. Davon erfasst sind folglich alle haltenden, liegengebliebenen oder parkenden Fahrzeuge. Dass die Betriebsgefahr nicht erlischt, nur weil der Motor ausgeschaltet wurde, stellte der Bundesgerichtshof bereits 1959 (!) in einem Urteil fest. Die Richter merkten sogar an, dass „die Gefahr von stillstehenden Fahrzeugen zum Teil größer sei, als die von fahrenden.“

Wann tritt die Betriebsgefahr zurück?

Zwar handelt es sich bei der Betriebsgefahr um einen verschuldensunabhängigen Tatbestand, vollkommen ohne Ausnahme gilt aber auch dieser Grundsatz nicht:

  • Kann nachgewiesen werden, dass der Unfall ein „unabwendbares Ereignis“ für einen Beteiligten war, so realisiert sich die Betriebsgefahr nicht. Es wird geprüft, wie sich der sogenannte „Idealfahrer„, also derjenige alle Verkehrsregeln beachtet und alles richtig macht, in der konkreten Situation verhalten hätte. Wäre auch dieser auf gleiche Weise in den Unfall verwickelt worden, so kann keine Betriebsgefahr eingewandt werden.
  • Sofern der Schädiger beim Unfall die im Verkehr erforderliche Sorgfaltspflicht im besonderen Maße außer Acht lässt, kann ein Mitverschulden nicht herangezogen werden, sodass die Haftung aus Betriebsgefahr ausgeschlossen ist. Dabei muss es aber zu einem groben Verkehrsverstoß kommen, also ganz besonders starkes Verschulden des Unfallverursachers gegeben sein.
    In der Praxis kann häufig die Betriebsgefahr weg argumentiert werden, da das Verschulden von dem Unfallverursacher besonders grob war.
  • Ähnliches gilt, wenn der Unfall aufgrund von höherer Gewalt passiert ist. Mit dem Begriff „höhere Gewalt“ ist grundsätzlich nur gemeint, dass der Unfall von außen herbeigeführt wurde. Ein Beispiel dafür wären außergewöhnlich starke Winde in Form eines Sturms.
  • Sofern es sich um eine Schwarzfahrt handelt, also das Fahrzeug ohne des Willen des Halters entwendet wurde, tritt die Betriebsgefahr ebenso zurück. Kommt es bei einer solchen Fahrt zu einem schädigenden Ereignis, so haftet der Fahrzeughalter nicht.

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Gerade Probleme mit dem Verkehrsrecht bereiten den meisten Menschen schon deshalb Kopfzerbrechen, weil sie fast immer zur falschen Zeit am falschen Ort passieren. Dabei spielt das Verschulden in Verkehrsunfällen oftmals eine große Rolle.

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