Aufforderung zur Vermächtnisannahme

Nach dem Gesetz gibt es keine Frist, um ein Vermächtnis anzunehmen. Derjenige, dem ein Vermächtnis im Testament zugewendet wurde, muss daher nicht in einem bestimmten Zeitrahmen entscheiden, ob er es annehmen möchte.

Für den Erben gibt es eine Frist für die Erbausschlagung von 6 Wochen. Ist diese abgelaufen, gilt die Erbschaft als angenommen. Etwas Vergleichbares gibt es für den Vermächtnisnehmer nicht. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Erbschaft erfolgt nicht.

Für immer besteht der Anspruch auf die Vermächtniserfüllung jedoch nicht. Wie jeder Anspruch unterliegt auch dieser der Verjährung. Daher muss innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis vom Vermächtnis der Anspruch gegenüber dem Erben geltend gemacht werden. Ansonsten ist dieser verjährt und der Erbe kann aus diesem Grund die Erfüllung verweigern. Erfährt ein Vermächtnisnehmer beispielsweise im Juni 2022 von seiner Berechtigung, so verjährt sein Anspruch am 31.12.2025.

Gilt die Forderung des Pflichtteils als Ausschlagung?

Es kann vorkommen, dass der Vermächtnisnehmer gleichzeitig auch Pflichtteilsberechtigter ist. In diesem Fall kann jedoch von der Forderung des Pflichtteils nicht automatisch auf die Ausschlagung des Vermächtnisses geschlossen werden.

Das Gesetz sieht in § 2307 BGB vor, dass der Pflichtteil nur verlangt werden kann, wenn das Vermächtnis ausgeschlagen wird oder soweit der Wert des Vermächtnisses nicht der Höhe des Pflichtteils entspricht. Danach könnte man zunächst annehmen, dass umgekehrt auch aus der Forderung des Pflichtteils eine Ausschlagung bezüglich des Vermächtnisses angenommen wird.

Dies wurde jedoch von der Rechtsprechung anders gesehen. Eine konkludente Ausschlagung gebe es nicht. Dies wird damit begründet, dass eine Forderung des Pflichtteils auch in Unkenntnis des Vermächtnisses erfolgen kann. Jedenfalls dann kann hierin noch keine Ausschlagung des Vermächtnisses gesehen werden.

Kann der Erbe zur Vermächtnisannahme auffordern?

Ja. Der Erbe ist aufgrund der fehlenden Frist einer Ungewissheit ausgesetzt. Insbesondere, wenn der Vermächtnisnehmer auch Pflichtteilsberechtigter ist, hat dies erhebliche Konsequenzen. Der Erbe weiß dann nicht, welchem Anspruch er ausgesetzt sein wird. Er wird ein erhebliches Interesse haben, klare Verhältnisse zu schaffen.

Der Erbe hat daher nach § 2307 Abs. 2 die Möglichkeit, dem Vermächtnisnehmer eine Frist zur Annahme zu setzen. Innerhalb dieser gesetzten Frist muss dann eine Entscheidung erfolgen. Ohne Reaktion des Vermächtnisnehmer gilt sonst das Vermächtnis als ausgeschlagen. Es verbleibt dann nur noch die Möglichkeit, den Pflichtteil geltend zu machen.

Diese Vorschrift soll die Interessen des Erben schützen, damit dieser nicht unangemessen lange auf eine Entscheidung warten muss. Dies ist speziell relevant, da der Erbe unter Umständen bei Vermächtnissen für den Wertbestand haften muss, also über die Zeit eintretende Wertverluste dem Vermächtnisnehmer ersetzen muss.

Was ist eine angemessene Frist für die Aufforderung zur Vermächtnisannahme?

Entscheidendes Kriterium für die Aufforderung zur Vermächtnisannahme ist die angemessene Fristsetzung. Hier macht das Gesetz jedoch keinerlei Vorgabe, wie lang diese sein muss.

Es muss daher stets abhängig vom Einzelfall bestimmt werden, wie lange eine angemessene Frist ist. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, wie umfangreich das Vermächtnis ist. Die Frist muss dem Vermächtnisnehmer ausreichend Zeit einräumen, sich notwendige Informationen über den vermachten Gegenstand einzuholen.

Die Frist ist daher wesentlich länger zu bemessen, wenn ein Haus oder ein Unternehmen vermacht werden, anstatt beispielsweise bei Geldvermächtnissen. Auch einzelne Gegenstände wie Gemälde, Schmuck oder Sammlergegenstände können aber zu Schwierigkeiten in der Bewertung führen, die dann eine längere Frist notwendig machen.

Eine allgemeine Formel für die Angemessenheit der gesetzten Frist kann nicht bestimmt werden, es ist stets eine Abwägung im Einzelfall notwendig. Gerne beraten wir Sie hierzu in Ihrem konkreten Fall und analysieren die angemessene Frist anhand der vorliegenden Gegebenheiten und dem vermachten Gegenstand im Einzelfall.

Außerdem ist zu beachten, dass eine Frist nur dann ablaufen kann, wenn keine entgegenstehenden Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten existieren. Hat dieser den Erben zur Auskunft über den Nachlasswert aufgefordert, so kann die Frist erst ablaufen, wenn dieser Auskunftsanspruch erteilt wurde. Vorher hat der Vermächtnisnehmer auch ohne Reaktion auf die Aufforderung des Erben einen Anspruch auf Erfüllung.

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