Was ist eine Abmahnung?
Die arbeitsrechtliche Abmahnung ist so etwas wie die gelbe Karte im Fußball. Hier wird dem Arbeitnehmer deutlich gemacht, dass er gegen wichtige Pflichten verstoßen hat. Und, wenn das nochmals vorkommen sollte, eine Kündigung droht. Gleichzeitig gibt sie dem Arbeitnehmer die Chance, das beanstandete Verhalten zu ändern, um so eine Kündigung zu vermeiden.
Sind Abmahnung und Ermahnung dasselbe?
Nein. Beide haben gemeinsam, dass der Arbeitgeber etwas beanstandet. Und den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass dieser gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen hat. Bei der Ermahnung droht der Arbeitgeber nicht mit Konsequenzen, es fehlt also die Warnfunktion. Dazu gleich mehr.
Was muss eine Abmahnung beinhalten?
Der Arbeitnehmer wird an seine vertraglichen Pflichten erinnert (Erinnerungs- / Hinweisfunktion genannt) und vor Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis bei weiterem Fehlverhalten gewarnt werden (Warnfunktion).
Welche formalen und inhaltlichen Voraussetzungen gibt es?
- a) Formal
- keine Schriftform erforderlich, Abmahnen ist mündlich zulässig. Schriftlich ist aber aus Beweiszwecken zu empfehlen.
- Abmahnenden direkt ansprechen, er ist Adressat der abgemahnten Handlung „Sie haben am [Datum] …. gemacht.“
- keine Betriebsratsanhörung notwendig, Abmahnen ist mitbestimmungsfrei.
- keine Frist, Recht zur Abmahnung kann allerdings verwirken (Zeit- und Umstandsmoment).
- abmahnungsberechtigt: Weisungsberechtigter, nicht notwendigerweise der Kündigungsberechtigte.
- b) Inhaltlich
Aufbau
- konkreter Sachverhalt (Wer, wo und wann – und vor allem was?
- Rüge des Fehlverhaltens (Hinweisfunktion)
- ausdrückliche Abmahnung
- keine Duldung in Zukunft
- Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen/Kündigung (Warnfunktion). Unsere Formulierungsempfehlung: „Sollte sich dieser Verstoß wiederholen, ist der Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses gefährdet. Sie haben dann mit Konsequenzen bis hin zur Kündigung zu rechnen.“
Gibt es daneben weitere Grundsätze, die zu beachten sind?
Ja, vor allem: Ein Verstoß, eine Abmahnung. Ist bei mehreren Verstößen in einer Abmahnung einer davon falsch oder rechtfertigt aus Sicht eines Richters keine Abmahnung, ist sie insgesamt unwirksam. Und es gilt: Eine Abmahnung verbraucht den Sachverhalt. Der Arbeitgeber sollte sich vorher überlegen, ob er ein zweites oder drittes Mal abmahnen möchte. Tut er dies anstelle einer möglichen Kündigung, kann er diesen Sachverhalt nicht später noch zur Begründung einer Kündigung heranzuziehen.
Ist vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber immer eine Abmahnung erforderlich?
In der Regel ja, nur im Ausnahmefall nicht. Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn der Verstoß so schwer ist, dass nicht damit zu rechnen ist, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jemals wieder wird vertrauen wird. Oder dem Arbeitgeber das Fortsetzen des Arbeitsverhältnisses schlicht unzumutbar ist. Typischerweise handelt es sich um strafbare Handlungen.
Ohne Vorwarnung durfte etwa einer Verkäuferin gekündigt werden, nachdem diese eine Kundin im Rahmen eines Reklamationsgesprächs beleidigt hat. Auch Arbeitszeit-, Spesen- oder sonstiger Betrug zu Lasten des Arbeitgebers braucht keine „gelbe Karte“, der Arbeitgeber hat dann die Option sofort zu kündigen.
Kann der Arbeitnehmer nach einer unwirksamen Abmahnung deren öffentlichen Widerruf verlangen?
Nach dem Bundesarbeitsgericht besteht ein solcher Anspruch (nur) dann, wenn die in der Abmahnung enthaltenen falschen Anschuldigungen den Arbeitnehmer fortdauernd in seinem beruflichen Werdegang behindern und/oder sein Persönlichkeitsrecht weiterhin tangiert ist (BAG, 15.04.1999, 7 AZR 716/97). Hat also der Arbeitgeber den Arbeitnehmer öffentlich angeprangert, mag ein solches Recht bestehen.
In der Regel kann aber kein öffentlicher Widerruf verlangt werden. Die gerichtliche Feststellung der Rechtsunwirksamkeit von Abmahnungen und Kündigungen begründet für sich allein keine Informationsverpflichtung des Arbeitgebers an alle Mitarbeiter, so etwa das LAG München, 22.09.2010, 11 Sa 520/09.
Sollte ein Arbeitnehmer nun bereits einen Rechtsanwalt aufsuchen?
Nicht unbedingt. Die Abmahnung greift nicht unmittelbar in die Rechte oder den Status des Arbeitnehmers ein. Es kann daher auch eine Entscheidung sein, hier keine weiteren Energien in Form von Zeit und Geld hineinzustecken. Zum einen ist aber eventuell eine Rechtsschutzversicherung, die die Kosten abdecken würde, denn eine als unberechtigt empfundene Abmahnung löst bereits den Rechtsschutzversicherungsfall aus. Zum anderen hängt es vom Einzelfall ab, ob der Sachverhalt so aussieht, als wolle der Arbeitgeber die Kündigung lediglich vorbereiten. Dann ist besser, je eher der Mandant anwaltliche Hilfe bekommt. Es besteht die Möglichkeit, durch fachkundige Beratung im Vorfeld einer Kündigung eventuell
- noch Weichen zu stellen,
- speziellen Kündigungsschutz aufzubauen oder
- die Kündigung im Dialog zu vermeiden.
Daneben ist es möglich, dass die Abmahnung bereits derart emotional belastend ist, dass es besser ist, sie mit anwaltlicher Hilfe zu beseitigen.
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