Betriebsgefahr

Die sogenannte Betriebsgefahr bezeichnet die Gefährdungshaftung, die verschuldungsunabhängig für solche Gefahren besteht, die im Betrieb von Kraftfahrzeugen, also z.B. PKW oder LKW, ausgehen.

Wie der BGH urteilt (26.02.2013, Az. VI ZR 116/12), ist sie „der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird.“

Das Prinzip der Betriebsgefahr findet man in mehreren Bereichen, z.B. in der Luftfahrt oder im Zusammenhang mit dem Halten von Haustieren, insbesondere aber im Straßenverkehr.

Wir beantworten im folgenden Beitrag alles rund um das Thema Betriebsgefahr. 

Was bedeutet das für mich als Autofahrer?

Ein im Straßenverkehr bewegtes Fahrzeug stellt auch ohne, dass es zu einer konkreten Gefahrensituation oder zu einem Fehlverhalten von Ihnen als Fahrzeugführer kam, eine abstrakte Gefahr da. Deshalb genügt die Tatsache, dass das Fahrzeug bewegt wird dazu, eine Haftung von Ihnen als Fahrer bzw. Fahrzeughalter zu begründen. Ausgeschlossen ist eine solche Haftung aufgrund der Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 2 StVG nur dann, wenn höhere Gewalt dies rechtfertigt.

Wie sieht das in einem konkreten Beispielfall aus?

Urteil vom OLG Celle (12.05.2021, Az.: 14 U 189/20): Die Beklagte haftet überwiegend für den Schaden, der durch einen Brad Ihres Fahrzeugs entstanden ist. Obwohl das Fahrzeug bereits zwei Stunden, bevor es in Brand geriet, abgestellt wurde, ist der Schaden nach Ansicht des Gerichts auf den vorangegangenen Betrieb zurückzuführen. In der Urteilsbegründung heißt es: „Dass sich dieser Schaden erst nach einer zweistündigen Verzögerung durch den Brand realisiert hat, ändert nichts daran, dass die einmal geschaffene Gefahrenlage durch den Betrieb des Fahrzeugs nachgewirkt hat.“

Die Betriebsgefahr dauert etwa auch bei einem Verkehrsunfall an. Beschädigt ein Verkehrsteilnehmer ein Verkehrsschild, ist er bis zur Unfallaufnahme durch die Polizei zur Verkehrssicherung verpflichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt dauert auch die von seinem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr an. Mit der Unfallaufnahme durch die Polizei darf der Verkehrsteilnehmer aber davon ausgehen, dass die notwendigen Maßnahmen veranlasst werden, so dass der innere Zusammenhang mit der Betriebsgefahr nicht mehr gegeben ist und eine weitere Verkehrssicherungspflicht entfällt (LG Dortmund, Urteil vom 22.03.2007 – 4 S 134/06 -, in: NZV 2007, 571)

Geht auch von einem Motorrad eine erhöhte Betriebsgefahr aus?

Von einem Motorrad geht grundsätzlich keine erhöhte Betriebsgefahr aus, es sei denn, die grundsätzlich höhere Instabilität des zweirädrigen Gefährts ist nachweislich mitursächlich für das Unfallgeschehen geworden (BGH, Urteil v 01.12.2009, VI ZR 221/08).

Aber mit einem Auto haftet man eigentlich immer zu einem gewissen Teil mit?

Nein. Ausgeschlossen ist eine solche Haftung aufgrund der Betriebsgefahr nach § 7 Abs. 2 StVG zum einen dann, wenn höhere Gewalt dies rechtfertigt. Die Rechtsprechung benutzt hier immer den Begriff des „idealen Fahrers“. Auch hierzu ein Beispiel: Die Gegenseite fuhr auf öffentlich zugänglichem Parkplatz rückwärts (wollte einparken).
Die Mandantschaft stand im Zeitpunkt der Kollision (nachgewiesen durch Zeugenaussage + SV-Gutachten). Hier wird nun zunächst geprüft, ob ein idealer Fahrer den Unfall hätte vermeiden können, etwa durch eine schnelle Reaktion (z.B. schnelles rückwärts wegfahren, früheres Hupen o.ä.). Wie eigentlich immer muss jede Prozesspartei die für sie günstigen Umstände darlegen und beweisen. Kann dies nicht nachgewiesen werden, scheidet höhere Gewalt aus.

Wenn also grundsätzlich die Haftung beider Seiten als Halter der Fahrzeuge, die am Unfall beteiligt waren, feststeht, hängt die Verpflichtung von den Umständen ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Fährt also wie im vorliegenden Fall ein rückwärts ausparkendes Auto auf ein a) hupendes, b) stehendes Auto auf, muss sich der Halter dieses Fahrzeugs laut Amtsgericht Würzburg keine Betriebsgefahr zurechnen lassen. Denn der Verkshrsverstoß des rückwärts fahrenden Fahrzeugs wiegt so schwer, dass die Betriebsgefahr demgegenüber zurücktritt.

Es hängt also schlussendlich von den Umständen des Einzelfalles ab, wer kann was beweisen und werden die eigenen Punkte handwerklich sauber dem Gericht gegenüber vorgetragen.

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Beitrag weiterhelfen konnten. Falls wir diesen noch ergänzen sollten, schreiben Sie uns gerne Ihre noch offenen Fragen hierzu.

Julian Pfeil
Julian Pfeil Rechtsanwalt
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